Brillanter Auftakt des Festivals für Alte Musik

(c) Konzerthaus/Rupert Steiner
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Bei „Resonanzen“ im Konzerthaus hörte man Telemanns galante „Tafelmusik“ – und Midas Eselsohren wachsen.

Ton Koopman und sein Amsterdam Baroque Orchestra & Choire wählten zur Festivaleröffnung am Samstag zwei weniger bekannte weltliche Bach-Kantaten: „Vereinigte Zwietracht der wechselnden Saiten“ (BWV 207) und „Geschwinde, ihr wirbelnden Winde“ (BWV 201). Die zweite Kantate behandelt, als „Der Streit zwischen Phoebus und Pan“ in mythologisches Gewand gewickelt, das Verhältnis von Unterhaltungsmusik und Kunstmusik. König Midas, brillant und mit glasklarer Stimme: Tilman Lichdi kürt Pan dank seines unterhaltsamen Flötenspiels zum Sieger, was ihm den Spott des Mercurius und den Tadel des Momus einbringt. Im Lichte jüngster weltpolitischer Ereignisse ist das Urteil des Momus brisant: „Der Unverstand und Unvernunft/Will jetzt der Weisheit Nachbar sein“. Die dem Midas wachsenden Eselsohren waren musikalisch in einem angedeuteten „I-A“ der Violinen hörbar.

„Tafelmusik“, alles andere als platt

Provokant: Ausgerechnet „Ouverture und Conclusion der 3. Production“ aus Telemanns „Musique de Table“ wurden zwischen die beiden Kantaten gesetzt. Geschuldet ist die Bezeichnung als „Tafelmusik“ jedoch lediglich dem Verkaufstalent Telemanns, der dank des populären Namens leichter Abnehmer fand. Schließlich steckt anderes als platte Hintergrundmusik in dieser Komposition. Feinsinnig strichen vor allem die Bläser in der Ouverture die Vielschichtigkeit und Fülle der Komposition heraus. Der sich immerzu in Bewegung befindliche Oboist sorgte für vibrierende Akzente und wohldosierte Wechsel in der Betonung, die dem kantablen Charakter der Stimme aber keinerlei Abbruch tat. Koopmans eckiger Dirigierstil schlug sich in großteils staccato-artiger Begleitweise und hektisch anmutenden attaca-Übergängen zwischen den Sätzen nieder. Telemanns spätbarocker galanter Stil macht sich in der formalen Freiheit bemerkbar, die sogar ein fugenartiges Arrangement zwischen Streichern und Holzbläsern in der furiosen Conclusion zulässt.

Bis 29. Jänner legt man bei den Resonanzen besonderes Augenmerk auf selten gespielte ältere Kostbarkeiten der Alten Musik. Das Vokalensemble Graindelavoix z. B. verbindet am 26. 1. Musik des 15. Jahrhunderts mit Texten von Samuel Beckett. Am 28. 1. widmet sich La fonte musica spätmittelalterlichen italienischen Komponisten. Das Festival bietet neben einer Instrumentenausstellung und Konzerten auch Filmvorführungen und einen Barocktanzkurs.

Programm: www.konzerthaus.at/resonanzen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2017)

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