Salzburger Mozartwoche: Gute Ideen und wenig Klang

(c) APA (STEPHEN CHERNIN)
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Die Philharmoniker unter Hengelbrock, András Schiff und seine Andrea Barca sowie das Cuarteto Casals bestritten das erste Wochenende der Mozartwoche - der letzten unter der Leitung von Minkowski und Schulz. Der Atem der Musik ging in der Fülle der Akzente verloren.

Zum letzten Mal zeichnen Marc Minkowski und Matthias Schulz für die Salzburger Mozartwoche verantwortlich, auch wenn sie der Weg mittlerweile zu anderen Aufgaben geführt hat. Minkowski leitet seit Saisonbeginn das Opernhaus von Bordeaux, und Schulz wurde zum Intendanten der Berliner Oper „Unter den Linden“, damit zum Nachfolger von Jürgen Flimm designiert.

Selbstredend, dass beide bei dieser ihrer fünften Mozartwoche jene programmatischen Schwerpunkte in Erinnerung rufen wollen, mit denen sie in den Jahren zuvor das Publikum konfrontiert haben. Etwa mit Musik von Johannes Maria Staud, Arvo Pärt, Elliot Carter und Henri Dutilleux. Schließlich zählte es zu den erklärten Anliegen der beiden Festivalverantwortlichen, Mozarts Œuvre wiederholt mit arrivierten Komponisten dieses und des letzten Jahrhunderts zu verknüpfen, ohne den genius loci auch nur im Mindesten ins Hintertreffen geraten zu lassen. Deshalb steht im Zentrum dieser Mozartwoche das Verhältnis von Mozart und Haydn, und zwar gespiegelt in Werken, die Haydn in Mozarts Todesjahr und später komponiert hat.

Eine kluge Idee, wenn man die entsprechenden Interpreten hat, um dies einem interessierten Publikum deutlich zu machen. Etwa einen der Stammgäste dieses traditionsreichen Festivals um Mozarts Geburtstag: den Pianisten András Schiff. Auch dieses Jahr ist er mit dem von ihm begründeten und nach ihm benannten Ensemble, seiner Cappella Andrea Barca, angereist.

Schiff, spielfreudig und geschmeidig

Virtuose Spielfreude und ein untrügliches Gefühl für Eleganz und Geschmeidigkeit ist sein Markenzeichen. Dies überträgt sich auch auf seine Musiker. Egal, ob er sich in der Doppelrolle Solist und Dirigent präsentiert und dabei mit musikantischem Elan Haydns populäres D-Dur-Klavierkonzert (Hob. XVIII:11) und Mozarts großes A-Dur-Konzert KV 488 durchmisst oder sich mit ebensolcher Attitüde Mozarts „Prager Symphonie“ KV 504 und Haydns pointenreicher Symphonie „Die Uhr“ (Hob. I:101), annimmt – selbst wenn hier nicht alle Details gleich selbstverständlich gelangen.

Das war aber auch beim ersten der drei Konzerte der Wiener Philharmoniker unter Thomas Hengelbrock (die beiden folgenden werden Yannick Nézet-Séguin und Adam Fischer leiten) im Großen Festspielhaus nicht der Fall. Schon bei der „Don Giovanni“-Ouvertüre wurde deutlich, dass Hengelbrock das Orchester weder von seinen klanglichen Absichten noch seinen von der Originalklangbewegung inspirierten Phrasierungsideen besonders überzeugen konnte. Noch deutlicher zeigte sich das bei seiner Interpretation von Beethovens „Eroica“, der Größe, Tiefe, vor allem innere Bewegtheit ziemlich fehlten. Zudem meinte man einer Kammerversion dieser Symphonie beizuwohnen, so klanglich zurückhaltend agierten die Musiker.

Bei allem Respekt vor Durchsichtigkeit und zuweilen klar gesetzten Akzenten: einiges Mehr an Klang und Präzision hätte man sich schon gewünscht. Und beim Solisten dieses Abends, dem technisch makellosen Pianisten Leif Ove Andsnes, überraschte, wie wenig er mit den zahlreichen poetischen Stellen von Mozarts weit in die Romantik vorausschauendem D-Moll-Klavierkonzert KV 466 anzufangen wusste.

Überhaupt vermittelte dieses erste Mozartwoche-Wochenende mehrfach den Eindruck, als wären eine oft bis zur Überzeichnung reichende Artikulation und die Konzentration auf willkürlich hervorgehobene Details längst wichtiger als ein mit Spannung erfülltes, von natürlichem Atem bestimmtes, klanglich differenziertes Musizieren. Jedenfalls widmete sich mit diesem Ansatz das gleichwohl prominente, diesmal unterschiedlich homogen musizierende Cuarteto Casals seiner auf zwei Nachmittage verteilten Darstellung von Mozart sechs Haydn-Quartetten – in der akustisch für diese Literatur ungeeigneten, weil zu halligen Großen Universitätsaula. Auch hier hatte man sich mehr erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2017)

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