Händels kürzeste Oper, erstmals in Österreich

(c) Wiener Konzerthaus
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Das Festival Resonanzen endete im Konzerthaus mit einer konzertanten Aufführung von „Lucio Cornelio Silla“.

Ungeklärt sind die Umstände der Uraufführung von Händels kürzester Oper „Lucio Cornelio Silla“. Vermutlich fand sie im Jahr 1713 im privaten Rahmen statt. Die heute verfügbare Fassung ist eine Rekonstruktion aus Fragmenten des Originalmanuskripts, einer Dirigierpartitur sowie einer Kopie des Librettos von Giacomo Rosso. Gesichert ist, dass das „Dramma per musica in tre atti“ (HWV 10) erst 1990 in Paris wieder aufgeführt wurde.

Librettist Rosso zeichnet Lucio Cornelio Silla als machtgierigen, sexbesessenen Feldherren, dessen von rücksichtsloser Grausamkeit geprägten Egotrip nur die Götter (der vom Balkon aus herabschmetternde Luca Tittoto als Mars) stoppen können. Freilich verlangt eine so packende Geschichte geradezu nach einer szenischen Umsetzung, die allerdings Mühe hätte, Händels ausgesprochen bildlicher Musik gerecht zu werden: Läuterung erfährt Silla erst als Schiffbrüchiger, nachdem er heftigst vom Sturm der Streicher und vom Donner der Pauken geschüttelt worden ist. Von Trompetenfanfaren begleitet, tritt seine treue Gattin Metella die Rettungsfahrt an. Die beiden ziehen sich darauf aus der Öffentlichkeit zurück.

Rossos verwirrende, sprungreiche Handlung passt nicht so recht zur Genialität der Komposition. Doch die ausdrucksstarken, von Biondi und seinem Ensemble stets einfühlsam, fast unauffällig begleiteten Solostimmen in den ungewöhnlich kurzen Arien ließen nie musiktheatralischen Effekt vermissen. Wo Sunhae Im als Metella eben noch schrill ihrem fremdgängerischen Mann zürnte, pries sie im nächsten Moment („Hai due vaghe pupilette“) in lieblich-wohltönendem Gesang die Schönheit der Celia (Francesca Lombardi Mazzulli), des jüngsten Opfers des lüsternen Silla. Mazulli wiederum gelangen besonders die vor Trauer halb erstickten, auf der Endsilbe ganz zurückgenommene Seufzer in Celias Arie „Sei già morto, idolo mio“. Wörtlich nahmen Martina Belli (Claudio), Vivica Genaux (Lepido) und Sonia Prina (Silla) ihre Hosenrollen und bildeten einen interessanten Kontrast zu den Sopranistinnen. Im hektischen, rastlosen Liebesduett mit Publikumsliebling Roberta Invernizzi (als Flavia) konnte sich Genaux' bewegliche Stimme gut behaupten; das raue Timbre Prinas kontrapunktierte perfekt den weichen Klang der Blockflöten im zweiten Akt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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