Konzerthaus: Beethoven, das Gravitationszentrum

(c) Wiener Konzerthaus
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Trotz mangelnder Unterstützung durch die Stadt Wien, zu deren internationalem Image ihr Haus so viel beiträgt, blüht die Wiener Konzerthaus-Gesellschaft.

Nicht nur, weil sein Denkmal vis à vis des Hauses steht und ein zweites mitten im Foyer: Ludwig van Beethoven ist und bleibt so etwas wie der Mittelpunkt der Wiener Konzerthaus-Welt, obwohl – oder vielleicht gerade weil die Programme der immerhin 560 Eigenveranstaltungen der Konzerthaus-Gesellschaft in der kommenden Saison so vielfältig scheinen wie noch nie.

Das Spektrum, das Spitzenkräfte aus aller Welt, Stammensembles wie die Symphoniker und junge wie allerjüngste Musiker 2017/18 abdecken, reicht von den Anfängen der europäischen Musik bis in die fernsten Regionen der „Weltmusik“. Kaum ein Veranstalter kann über eine solche Bandbreite verfügen – die beiden Beethoven-Zyklen der kommenden Spielzeit bilden also so etwas wie ein klassischen Wiener Klangzenrum – Philippe Jordan wiederholt seinen Symphonien-Zyklus mit den Symphonikern in kurzer Frist unmittelbar nach der traditionellen Neunten zum Jahreswechsel. Und das Cuarteto Casals setzt mit sämtlichen Beethoven-Streichquartetten, gekoppelt mit Ur- und Erstaufführungen, zwischen 16. und 25. Februar nach.

„In Residence“ sind im Konzerthaus kommende Saison neben Teodor Currentzis, der nun einen ganz eigenen Zyklus bekommt, Tenor Michael Schade, der dirigierende Sopran-Star Barbara Hannigan, der virtuose Pianist Daniil Trifonov, aber auch das Wienerlied-Duo „Strottern“. Zu den Großprojekten zählt die gar nicht als Zyklus avisierte Gesamtaufführung der Symphonien Gustav Mahlers, wobei nur die riesig besetzte Achte unter Franz Welser-Möst erst zur Festwochen-Zeit 2019 nachgereicht wird.

Eigendeckung: 80 Prozent

Apropos Festwochen, die sind bekanntlich aus der Mitfinanzierung des Musikfestes ausgeschert, wie überhaupt die Zuwendungen durch die Stadt Wien sich in engen Grenzen halten. An einer Aufrechterhaltung des blühenden Konzertbetriebs, der ja nicht nur Klassik, sondern Jazz und Literatur, vor allem aber Jugendförderung auf allen erdenklichen Ebenen enthält, ist man im Rathaus offensichtlich nicht interessiert.

Die Eigendeckung im ohnehin von einem Schuldenberg gedrückten Konzerthaus hat mittlerweile 88 Prozent erreicht. Das ist sensationell, stellt aber eine immense Erschwerung der Arbeit dar. „Warum wacht die Kulturpolitik nicht auf?“, fragt Intendant Matthias Naske. Er wird gewiss keine befriedigende Antwort erhalten.

Dafür kommen Musikfreunde voll auf ihre Rechnung, die zwischen klassischen und bunt gemischten Programmen wählen können: Fünf Zyklen bestreiten allein die Symphoniker, dazu kommen sechs internationale Orchester (darunter auch die Philharmoniker), alte und neue Musik, Kammermusik, Jazz (z. B. Diana Krall, Chick Corea und Wynton Marsalis) und „Wort & Film“. Acht Zyklen dienen der Musikvermittlung für den Nachwuchs, aber auch (unter anderem mit Barbara Rett) für Erwachsene. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2017)

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