Geigerkunst von Eugène Ysaÿes „Enkelschüler“

Joshua Bell (Archivbild).
Joshua Bell (Archivbild).(c) imago/ZUMA Press
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Joshua Bell, Porträtkünstler der Konzerthaus-Saison, mit klassisch-romantischer Sololiteratur.

Anfang Jänner war Joshua Bell als Solist und Dirigent der Academy of St. Martin in the Fields in Wien aufgetreten, Sonntagabend präsentierte er sich mit Sam Haywood in der intimeren Atmosphäre des Mozartsaals mit Musik für Violine und Klavier aus der Feder von Komponisten des 19. Jahrhunderts. Bells oft wiegend-tänzerische, manches Mal auch überschwängliche Bewegungen schienen in den kunstvoll ineinander überfließenden Phrasen seiner Interpretation von Beethovens Sonate in D-Dur (op. 12/1) noch gemäßigt und entpuppten sich mit Johannes Brahms' „FAE“-Scherzo als logische Konsequenz seines konzentrierten Vortrags, der sogar die zartesten Töne mit aufwühlender Intensität auflädt. Jedoch wusste sich Bell auch zurückzunehmen, so etwa im letzten Satz „Presto, agitato“ aus Brahms' d-Moll-Sonate, in der Haywood stellenweise in solistischer Manier aus seiner Begleiterrolle hervortreten durfte.

Makellose Technik bewies Bell mit Eugène Ysaÿes „Sonate-Ballade“, die kontrolliertes Vibrato voraussetzt, um das Rutschen der Finger auf den Saiten bei großen Tonsprüngen und zwischen den Doppelgriffen zu kaschieren. Bell baut hier auf die fundierteste Expertise: Sein Lehrer Josef Gingold, einst Ysaÿe -Student, hat eben jene Sonate 1928 in Brüssel zur Uraufführung gebracht.

Den Abschluss des Konzertabends bildete Pablo de Sarasates berühmte „Carmen-Fantasie“. Scharf attackierte Spitzentöne und rasende Accelerandi im Finale boten dem Geiger Gelegenheit, seine Virtuosität einmal mehr unter Beweis zu stellen. (esa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2017)

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