Nachruf: Haydns Herold starb im Gedenkjahr

Zum Tod des bedeutenden Musik-forschers H. C. Robbins Landon.

Jeder Freund der Wiener Klassik kennt seinen Namen: Howard Chandler Robbins Landon, geboren am 6. März 1926 in Boston, war der „Mister Haydn“, eigentlich Lordsiegelbewahrer der Wiener Klassik. Seine Forschungen über Leben und Werk Beethovens und Mozarts trugen reiche Früchte, seit er Ende der Vierzigerjahre nach Wien übersiedelte. Aber Haydns Nachruhm wurde durch die nimmermüde Tätigkeit Robbins Landons wirklich nachhaltig befördert. Dass sämtliche Symphonien akribisch herausgegeben – und hernach auch mehrfach aufgenommen – wurden, trug von Anbeginn seine Signatur; dass die Opern eine Renaissance erfuhren, dass zahllose sogenannte „Nebenwerke“ für die Musiker greifbar wurden, war Robbins Landons Verdienst.

Karl Geiringer, in Amerika unterrichtender Haydn-Biograf, war Robbins Landons Lehrer und entzündete lebenslange Begeisterung, der sich ein singuläres editorisches und musikologisches Werk verdankt. Aus Robbins Landons Feder stammt die 800 Seiten umfassende analytische Grundlagenarbeit über Haydns symphonisches Werk, aber auch eine fünfbändige Biografie, auf der jede künftige Forschung aufbauen kann und muss. Doch der kundige Wissenschaftler war imstande, seine Fundgrube auch für Interessenten jenseits universitärer Tüftlerstuben zu öffnen: Wer über Mozarts Wiener Jahre profund informiert sein will, liest Robbins Landons einschlägige Bücher wie Kriminalromane. Er hatte es nicht nötig, sich hinter sinnleerem Fachchinesisch zu verschanzen. Er hatte unendlich viel zu sagen.

Am Wochenende ist H. C. Robbins Landon in Frankreich gestorben. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2009)

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