Hier lehrt uns der junge Mozart etwas über Theaterkunst

"Bastien und Bastienne"
"Bastien und Bastienne"(c) Barbara Palffy
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"Bastien und Bastienne" und Schuberts"Hochzeitsbraten", auch szenisch in historischem Gewand: Das Festival Teatro Barocco macht Zeitreisen in Rokoko und Biedermeier - und bietet dabei lehrreiche und vergnügliche Einblicke ins Theater von anno dazumal.

Der zwölfjährige Jesus lehrt im Tempel: Das Gemälde am Ende des prunkvollen Bibliothekssaals im Stift Altenburg stellt den Fluchtpunkt des Bühnenbilds dar – und erinnert daran, dass Mozart im gleichen Alter war, als er „Bastien und Bastienne“ komponiert hat. Das Singspiel, wohl 1768 entstanden und im Wiener Gartenhaus des geheimnisumwitterten Arztes und Wunderheilers Franz Anton Mesmer uraufgeführt, geht auf eine französische Vorlage zurück: In der höchst erfolgreichen Oper „Le devin du village“ (1752) mit Text und Musik von Jean-Jacques Rousseau findet das zankende Schäferpaar Colette und Colin mithilfe des Dorfwahrsagers wieder zusammen; eine populäre Parodie des Stücks lässt die Figuren sogar Dialekt sprechen. In der von Mozart verwendeten deutschen Version kann von solchem Realismus zwar keine Rede mehr sein, am „vermeintlichen Zauberer“ Colas lassen sich zudem Mesmers Züge ausmachen, doch ist die Stoßrichtung dieselbe: Das Schäferdasein wird gefeiert, die Stadt als künstlich abgetan – und genau solche Sujets entzückten damals sowohl bei Hofe als auch im Bürgertum.

So wie Rousseau zurück zur Natur wollte, versucht Bernd Roger Bienert mit seinem Festival Teatro Barocco nicht nur musikalisch, sondern auch szenisch retour zu einer rundum historischen Aufführungspraxis zu finden – und also das auf die Bühne zu bringen, was uns der zwölfjährige Mozart über Theater hätte lehren können. Das heißt für heutige Augen: Kunstvolle Stilisierung regiert Ausstattung, Mimik und Gestik. Zwischen zentralperspektivisch sich verengenden Säulenreihen ragen Baum- und Zaunelemente auf die Bühne, die Kostüme sind den prächtigen Schäferkleidern des 18. Jahrhunderts nachempfunden, Colas tritt dagegen mit derben Stiefeln und Dudelsack auf. Dass praktisch jede Textzeile ihren Widerhall in entsprechendem Händeringen findet, als wäre dies gleichsam als Untertitel nötig, irritiert nur anfangs, dann geht die Verdoppelung in einer logisch anmutenden Gesamtwirkung von historischem Charme auf. Unter Konstantinos Romanos Papazoglou bildet das Solistenoktett des Ensemble Teatro Barocco die geschmeidige Grundlage; auf der Bühne gelingt Megan Kahts als Bastienne die Verbindung von gefühlvollem Gesang, Spiel und szenischem Augenzwinkern am besten. Mit hellem, leichtem Tenor gibt Pablo Cameselle den Bastien und wirkt fast, als wäre er als Putto einem Troger-Fresko entstiegen; witzig, wie er sich vor dem sprachlichen Dadaismus in Colas' Zauberarie ängstigt: „Diggi, daggi, schurry, murry . . .“ Marcus Pelz rückt als vokal untadeliger Quacksalber routiniert den in Schräglage geratenen Haussegen ins Lot.

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