Bregenzer Festspiele: Carmen endet als Wasserleiche

Pause in der Zigarettenfabrik: Die Arbeiterinnen rund um Carmen (im roten Oberteil und mit zwei verschieden langen Hosenbeinen: Gaëlle Arquez) wirken in dieser Inszenierung ein wenig wie Freudenmädchen im Nebenerwerb.
Pause in der Zigarettenfabrik: Die Arbeiterinnen rund um Carmen (im roten Oberteil und mit zwei verschieden langen Hosenbeinen: Gaëlle Arquez) wirken in dieser Inszenierung ein wenig wie Freudenmädchen im Nebenerwerb.APA
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Sevilla liegt am Wasser in Kasper Holtens neuer „Carmen“-Inszenierung auf der Seebühne: Ein bisschen Spektakel, ein bisschen Kammerspiel – und störende Kürzungen. Sängerisch dominieren klar die Damen.

Ein Rosentattoo umrankt den linken Unterarm. Der knallrote Nagellack ist etwas abgestoßen. Zwischen den Fingern hängt lässig eine Zigarette – 21 Meter über dem Bodensee. Der rechte Arm ragt 18 Meter aus dem Wasser. Dazwischen wirbelt, wie in einem Schnappschuss eingefroren, ein gutes Dutzend sieben Meter großer Karten durch die Luft. Der Rest bildet einen unregelmäßigen Haufen darunter oder ist schon zum Teil versunken . . .

Frau, Blume, Tabak, Schicksal: Einige definierende Themen von Georges Bizets „Carmen“ sind durch das im Wortsinn eigenhändige Bühnenbild von Es Devlin schon abgedeckt, die für Carmens unkonventionelle Kartenmischtechnik – ja, natürlich, ein anarchischer Akt der freiheitsliebenden Titelheldin! – ihre eigenen Gliedmaßen als Modell verwendet hat. Und wem die körperlosen Arme makaber vorkommen sollten, dem sei versichert: Das passt schon so. Immerhin endet Carmen hier nach zwei kompakten Stunden als Wasserleiche. Nicht erstochen, sondern ertränkt. Dass ihre finale Konfrontation mit Don José ein gemeinsamer Untergang ist, zeigt Regisseur Kasper Holten durch die währenddessen immer tiefer versinkende vordere Spielfläche, ein paar Karten aus Gitterrost, auf der die beiden einander umwaten – bis der Verflossene schließlich ihren Kopf unter Wasser drückt, statt sie konventionell aus Eifersucht zu erdolchen.

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