Stardirigent Gustavo Dudamel: Vom Präsidentenliebling zum Kritiker

Gustavo Dudamel conducts a concert at the foreign ministry headquarters in Caracas
Gustavo Dudamel conducts a concert at the foreign ministry headquarters in CaracasREUTERS
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Der gefeierte Dirigent wurde für sein Schweigen über die Zustände in Venezuela lange heftig kritisiert. Nun brach er es - und seine geplante Tour wurde gestrichen.

Gustavo Dudamel wurde wiederholt als Wunderkind bezeichnet, als bester lebender Dirigent. In diesem Jahr dirigierte er mit nur 35 Jahren das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Seine Karriere war so steil, dass er sogar eine US-Fernsehserie ("Mozart in the Jungle") inspirierte. Seine politische - oder besser gesagt unpolitische, denn er äußerte sich kaum - Haltung nährte aber heftige Kritik.

Der weltweit bekannte Venezolaner dürfe über die Probleme im Land nicht schweigen, hieß es. Er müsse seine Stimme gegen das Regime erheben. Unter dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro erlebt Venezuela eine schwere Krise. Es fehlt an Nahrungsmitteln und Medikamenten in dem Land mit den größten Ölreserven der Welt. Kritiker werfen Staatschef Nicolás Maduro vor, er würde die Errichtung einer sozialistischen Diktatur vorantreiben.

Die Strafe für die Kritik folgte prompt

Dudamel schweigt nun nicht mehr: In den vergangenen Tagen legte er sich wiederholt mit Maduro an. Er warnte unter anderem in einem Gastbeitrag für die spanische Zeitung "El Pais" vor der Entwicklung in seinem Heimatland. Die Strafe folgte prompt: Venezuelas Regierung hat eine für September geplante Tour mit dem nationalen Jugendorchester gestrichen. "Herzzerreißende Absage unserer viertägigen Tour durch vier US-Städte", schrieb Dudamel nun auf Twitter.

Für Dudamel war seine Karriere nicht vorgezeichnet: Geboren wurde er 1981 in Barquisimeto, der viertgrößten Stadt Venezuelas. Seine Mutter war Gesangslehrerin, sein Vater Salsa-Posaunist. Es war eine Großfamilie, sieben Personen auf 50 Quadratmetern, Dudamels Hängematte hing über dem Bett der Großeltern.

Das Argument, das gegen Kritik sprach

Mit vier Jahren trat er in El Sistema ein. Die Musikstiftung, die sich sozial engagiert, bestimmte seine musikalische Karriere. Dudamel wurde später musikalischer Direktor der staatlichen Organisation, deren Aushängeschild - und damit auch Präsidentenliebling und Günstling des Systems von Hugo Chávez. Auch bei Chávez’ Beerdigung 2013 dirigierte er.

Die Frage, die sich dabei stellt: Darf ein Küstler unpolitisch bleiben, wenn die Regierung seiner Heimat Menschenrechte und Demokratie missachtet? Allerdings: El Sistema war eines der wenigen Dinge, die in Venezuela funktionierten, hunderttausende Kinder profitierten davon - und von Dudamels Popularität. "El Sistema muss über den täglichen Grabenkämpfen stehen", schrieb er einmal in einmem Kommentar. Nun war dieses Argument offenbar nicht mehr stark genug.

(rovi)

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