Die Bartoli in allen Lebenslagen – das totale Festival

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Pfingstfestival Salzburg. Die Primadonna und Kolleginnen vom Format Sophie Kochs und Mojca Erdmanns, Ensembles wie „Il giardino armonico“ und der wunderbare Wladimir Fedosejew: Händel- und Massenet-Träume.

Die Bartoli, allumfassend – so kann man das Konzept des erneuerten Salzburger Pfingstfestivals umschreiben, ohne allzu viel zu vergessen. Dabei schmückten sich die Plakate, die für die einzelnen Veranstaltungen warben, sogar mit verschiedenen Primadonnen. Neben der frischgebackenen Intendantin sah man auch Sophie Koch oder Anna Netrebko, die freilich absagte.

So kam eine andere Sopranistin zum Zug, moderner im Zuschnitt, so sehr, dass man beinah zögert, das barocke Epitheton für sie zu verwenden, und doch ist wohl auch Mojca Erdmann eine Primadonna, denn sie ist – Tochter eines Komponisten – mit der zeitgenössischen Tonsprache so vertraut, dass es ihr möglich ist, eine neue Partitur innerhalb von zwei Tagen zu lesen, zu verstehen und zur Uraufführung zu bringen. Hut ab also auch vor dieser prominenten Einspringerin, die im Finale des Festivals zu hören war.

Schönheit jenseits der Kitschfalle

Davor auch Sophie Koch mit ihrem dunkel-schönen, expressiven Mezzo an der Seite des Nobelbaritons Ludovic Tézier in Massenets Opern-Schwanengesang „Cleopatre“, 1912 entstanden und so etwas wie ein nostalgischer Rückblick auf vergangene melodramatische Gefühlsherrlichkeit.

Wladimir Fedosejew – zwei Jahrzehnte hat man ihn von Salzburg ferngehalten! – macht's möglich: Das Mozarteum-Orchester wächst über sich hinaus, lässt die Farbenpracht dieser meisterhaft instrumentierten Partitur satt und mit dem beabsichtigt berauschenden Effekt erklingen.

Da wird den Sängern ein Prachtteppich bereitet, der auch dort, wo Massenet tief in der Gefühlskiste wühlt, nicht ins Kitschige abzugleiten droht: verzehrend schöne Melodien, ja, aber ehrlich empfunden . . .

Das wissen nicht nur Koch und Tézier, sondern auch die grandiose Sandrine Piau, die als Octavie das respektgebietende Gegengewicht zur ägyptischen Schönheit bot – und der junge Tenor Benjamin Bernheim, der mit strahlenden, charaktervoll-männlichen Tönen auf sich aufmerksam machte: Von ihm wird man hoffentlich viel zu hören bekommen, demnächst. Vielleicht sogar bei den Salzburger Festspielen?

Deren neuer Intendant, Alexander Pereira, lauschte den Pfingstwundern der Bartoli, nicht zuletzt ihrem klug programmierten Arienabend mit „Il giardino armonico“, wo vom Frühbarock bis zur Morgenröte der Klassik Kleopatra-Arien im Dutzendgebinde geboten wurden: atemberaubend virtuos, wie es sich bei dieser Künstlerin quasi von selbst versteht – an höchste Professionalität gewöhnt man sich ja bekanntlich am raschesten.

Die Bartoli will sie 2013 als Bellinis „Norma“ demonstrieren. Es bleibt also spannend.

„Clepatre“ in Ö1: 9. Juni (19.30)

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