Harnonocurt: Buchbinder am Hammerflügel!

Harnonocurt Buchbinder Hammerfluegel
Harnonocurt Buchbinder Hammerfluegel(c) Roland Schlager
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Bis etwa zur Reihe 12 konnte man den Steinway-Fetischisten Rudolf Buchbinder sogar am Walter-Flügel hören!

Er könne sich gar nicht vorstellen, das je wieder anders zu machen, verkündete Nikolaus Harnoncourt eingangs: Erstmals paarte sich sein Concentus mit dem Nachbau eines historischen Walter-Flügels. Originalklang pur, also: Und dann gleich mit dem überzeugten Steinway-Spieler Rudolf Buchbinder! Der, stets neugierig, war für das Experiment zu haben und fügte sich nolens volens in die historisierende Klangkulisse. Er mag selbst gestaunt haben, wie schwach so ein Pianoforte klingt, selbst wenn man nach Leibeskräften versucht, einem Forte der Concentus-Pauken und -Trompeten akkordisch zu begegnen. Schon innerhalb des Ensembles stimmt ja die Balance nicht immer mit dem überein, was Mozart in seinen Partituren suggeriert: Forte ist nicht gleich forte – die Geigen verstehen es mittlerweile, jedem Trompetengetöse Paroli zu bieten und rauschen oft leuchtend auf.

Von den Fagotten ist des Öfteren wenig zu hören, selbst wo sie mit Oboen oder Klarinetten zu dialogisieren hätten. Auch nimmt sich das Bassfundament oft reichlich dünn und brüchig aus.

Aber das ist der Zoll, den man offenbar zu zahlen hat, wenn man in einem Riesensaal wie dem des Musikvereins in Kammerorchesterstärke nach vergangenen Klangidealen sucht. Die bange Frage bleibt: Auf welchem Klavier hat einst Mozart, der, wie wir aus Briefen wissen, in großen Sälen sehr große Orchesterbesetzungen liebte, gegen seine Instrumentalistenkollegen angespielt, wenn er Werke wie das glanzvolle C-Dur-Konzert (KV 503) aus der Taufe hob?

Zauberhafte Klangmixturen

Im intimeren A-Dur-Schwesterstück (KV 488) ergeben sich für Hörer, die aufmerksam ihre Ohren spitzen – weiter hinten, versicherte man einhellig, sei das Hammerklavier nur vernehmbar gewesen, wenn Buchbinder gerade allein spielte – hie und da auch im Goldenen Saal zauberhafte Klangmischungen, die sich auf modernem Gerät beim besten Willen nicht erzielen lassen. Insofern lohnt sich ein solcher Versuch. Es waren auch Mikrofone dabei und die Tontechnik wird sich beim Abmischen gewiss aller Tricks bedienen, um ein insgesamt stimmiges Konzerterlebnis zu zaubern. Auf CD wird dann vielleicht zu hören sein, wovon die Interpreten träumen. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2012)

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