Beim "Festival Mémoires" in Lyon präsentierte Serge Dorny, Intendant der Lyoner Oper, Rekonstruktionen dreier legendärer Inszenierungen: Ruth Berghaus' Dresdener „Elektra“, Heiner Müllers Bayreuther „Tristan“, Grübers „Poppea“ aus Aix.
Als man das Programm zum ersten Mal sah, fragte man sich sofort, wieso denn das vor ihm noch niemand anderem eingefallen war. Denn Dornys geniale und mutige Idee ist nur die logische Konsequenz der Entwicklung der Kunstgattung Oper. Bis in die Zwischenkriegszeit war das Genre ja noch halbwegs lebendig, und Uraufführungen standen noch auf der Tagesordnung. Seither findet kein Mensch mehr etwas daran, dass sich die Opernhäuser in Museen verwandelt haben und weltweit immer dieselben Werke gespielt werden, von Paris bis Peking, von Turin bis Tokyo, von Salzburg bis Sydney.
Aber wenn sich also im Laufe der Zeit so etwas wie ein Kanon der wichtigsten oder wenigstens beliebtesten Opern herausgebildet hat, warum sollte sich jetzt nicht auch ein Kanon der bedeutendsten, gelungensten Inszenierungen herausfiltern?