Yefim Bronfman: Groteske, grandios gehämmert

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Umjubelt: Pianist Yefim Bronfman bei den Wiener Philharmonikern unter Valery Gergiev.

Da rattern Maschinen, spuken Monster und purzeln kühne Caprices, während es im Untergrund barbarisch brodelt: Prokofieffs Zweites Klavierkonzert stempelte bei der Uraufführung 1913 den 22-jährigen Komponisten und Pianisten zum Enfant terrible. Mittlerweile taugt es (freilich in der zweiten Fassung von 1922) im Wiener Musikverein zum umjubelten Höhepunkt – weil man gelernt hat, Schock und Schrecken zu genießen?

Doch der Reihe nach. Mit Valery Gergiev haben für die Wiener Philharmoniker wieder intensive Wochen begonnen: Der Workaholic aus dem Kaukasus leitet zunächst vier Konzerte mit drei Programmen in Wien als Probedurchlauf für eine Tournee, die Anfang März in der New Yorker Carnegie Hall enden wird. Nach dem Auftakt am Donnerstag im Wiener Musikverein schien freilich Solist Yefim Bronfman der eigentliche Erfolgsgarant. Mit virtuoser Selbstverständlichkeit leuchtete er Prokofieffs grandiose Groteske aus, klapperte so treffsicher wie lakonisch trocken mit stupender Rasanz gleichsam alle Winkel der Klaviatur ab und verlor dabei weder Übersicht noch Kondition. Letzten Herbst hatte er hier Brahms' B-Dur-Konzert mit ähnlich zugespitzter, unpassender Attitüde gespielt, diesmal erwies sich sein virtuos nuanciertes Hämmern als glänzendes Atout. Die Philharmoniker boten ihm nicht übel Paroli, sprühten, wo nötig, giftige Aperçus über des Solisten Parforceritt aus und knieten sich tief in die satten Tutti.

Erdhaft getönte „Pathétique“

Da konnte der Rest nur abfallen. Unlängst hatten die Berliner Philharmoniker unter Seiji Ozawa mit der „Pathétique“ Herbert von Karajans gedacht. An deren brillanter Direktheit und auf äußeren Glanz zielender Spielweise hat Gergiev kein Interesse, wohl aber an kompakt-dunklem, erdhaft abgetöntem Orchesterklang, der Tschaikowskys symphonischem Abschied an sich besser anstand. Und im Gegensatz zu Ozawa spulte er das Allegro con grazia nicht bloß als leichtgewichtiges Intermezzo ab, sondern integrierte es in die „Handlung“ des Werks.

Darüber hinaus ereignete sich wenig Mitreißend-Bewegendes: viel Steigerungspotenzial für die Tournee also. Fortsetzung folgt im Philharmonischen u.a. mit Liszts „Les Préludes“ und Tschaikowskys Fünfter sowie am Montag mit Wagners „Tristan“-Vorspiel nebst Liebestod und Debussys „La Mer“. wawe

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2008)

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