Hofburg-Messe: Waldmüller trifft Nitsch

(c) EPA (Gaetan Bally)
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Klassisches Design soll die traditionelle Messe für Kunst und Antiquitäten in der Hofburg ein wenig aufpeppen. Die Höhepunkte finden sich aber (noch) im Stammangebot.

Es ist keine herausragende, aber eine doch sehr interessante 44.Messe für Kunst und Antiquitäten in der Hofburg. Die alte Dame der Wiener Kunstmessen bemüht sich immerhin jedes Jahr, das Altgewohnte zu stärken und aufzulockern. Parallel zur großen Ungarn-Ausstellung im Kunstforum sind heuer etwa erstmals zwei Kunsthändler aus Budapest dabei. Nagyhazi, eine sehr traditionelle Galerie und ein Auktionshaus, hat als Reverenz an Wien zum Beispiel eine Elfenbeinbüste Kaiserin Elisabeths mitgenommen, deren Geburtstag sich heuer, am 24.Dezember, zum 175.Mal jährt. Beeindruckend aber ist der dramatischer gestaltete Stand der „Ernst Galerie“, die von einem Österreicher und einer Ungarin betrieben wird. Sogar ein eigener kleiner Katalog wurde gedruckt, um die „13 Meisterwerke“ wichtiger ungarischer Meister der Moderne richtig zu würdigen, hier weht ein Hauch Paris durch die österreichische Selbstgenügsamkeit. Ein Garten Eden von Vilmos Perlrott Csaba und ein Blumenstillleben von János Vaszary fallen am stärksten ins Auge. Wie auch zwei wunderschöne große Silberkandelaber mit Elfenbeinkugelfüßchen von Josef Hoffmann aus 1904, die recht unvermutet glänzen. Hier macht man dann auch erstmals Bekanntschaft mit den ungarischen Denkmalschutzbestimmungen – das Leuchterpaar steht nämlich unter Ausfuhrverbot, kann also nur von einem Ungarn gekauft werden, erklärt der Galerist. Daher auch der verhältnismäßig günstige Preis von 300.000 Euro.

Ein ähnlich repräsentables Prachtstück aus der Wien-um-1900-Sektion hat die Galerie bei der Albertina in der Vitrine stehen: ein fünfteiliges Kaffeeservice von Dagobert Peche. Auch das– mit Abstand – teuerste Exponat der Messe kommt aus dieser Ecke: Es ist ein männlicher Akt von Egon Schiele, vermutlich ein Selbstbildnis, erklärt Alois Wienerroither von Wienerroither & Kohlbacher. Die Mischtechnik kostet 1,1 Millionen Euro. Frisch aus den USA hat man hier noch das Porträt eines Geigenhändlers von Max Oppenheimer hängen. Und eines der wenigen Gemälde Kolo Mosers, das zurzeit auf dem Markt ist, saisonal sehr aktuell, ein Weihnachtsbaum nämlich (125.000 Euro). Vorbild war der Weihnachtsbaum der Künstlerfamilie in Wien, wie man im neuen Verzeichnis aller Gemälde des Jugendstil-Multitalents nachlesen kann. Der Katalog kam eben heraus, Autor ist der Kurator der großen Kolo-Moser-Schau im Leopold-Museum, Gerd Pichler. Verdienstvoller Herausgeber ist die Galerie selbst.

Verdienstvoll sind auch ästhetisch ausgefeilte Präsentationen, wie sie die Grazer Galerie Stoff sich überlegt hat: An der Außenwand hat man einer mächtigen gotischen Beweinungsgruppe (Oberitalien, um 1450, aus österreichischem Adelsbesitz) extra gläserne Kreuze und Sockel anfertigen lassen, damit sie vor einem großen frühen Schüttbild von Nitsch auch so wirkt, wie sie wirkt: toll. Vor allem im Vergleich zu den vielen, vielen Nitsch-Schüttbildern, die an jedem zweiten Stand zu dekorativen Bildlein verkommen. Stoff hat auch den zweiten Waldmüller dieser Messe im Angebot, den „Besuch der Großeltern“, ein Spätwerk, das die Witwe Waldmüllers brieflich sogar besonders gewürdigt hat – es reihe sich „in die besten Kunstschöpfungen“ ihres Mannes ein, es war eines seiner Lieblingsbilder, teilte sie dem Käufer mit. 440.000 Euro ist dafür doch nicht zu viel verlangt. Ein paar zehntausend Euro günstiger und ein paar Stände weiter nur ist die andere Waldmüller-Idylle zu finden: Bei „Giese und Schweiger“ hält eine Bäuerin zutiefst zufrieden ihr Baby – wie lange diese „Sonntagsruhe“ in der Realität andauerte, lag nicht mehr im Darstellungsinteresse des Biedermeiermeisters.

Im Interesse der Messe steht dafür immer mehr, modernes Design ins Programm zu bekommen. Was dazu führt, dass Roland Rainers Stadthallengarderobe gleich zwei Mal vertreten ist, bei Patrick Kovacs und dem Neuaussteller „Rauminhalt“, der noch einen schönen Schreibtisch Pierre Jeannerets aus der indischen Konzeptstadt Chandigarh dabeihat. Besonders gelungen ist heuer die Sonderausstellung, die diesen neuen Schwerpunkt betonen sollen: „Art and Function“ zeigt Möbel an der Schnittstelle zur bildenden Kunst u.a. von Manfred Erjautz, Dorothee Golz oder Esther Stocker.

Bis 18.11., 11–19 Uhr, Eintritt: 13 Euro, am Damentag, Montag, 12.11., zahlen zwei Frauen nur einen Eintritt. Kinderführung am Samstag, 17.11. (4–10 Jahre), Kind und Begleitung kostenlos. www.artantique-hofburg.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2012)

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