Ex-MAK-Direktor: Bis zu 139 Tage pro Jahr auf Dienstreise

Rechnungshof bekraeftigt Vorwuerfe gegen
Rechnungshof bekraeftigt Vorwuerfe gegen(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Falsche Besucherzahlen, hohes Reisebudget: Ein Rechnungshof-Bericht bekräftigt die Vorwürfe gegen die alte Geschäftsführung unter Peter Noever.

Der Rechnungshof bekräftigt in seinem aktuellen Bericht zur Gebarung des Museums für Angewandte Kunst (MAK) in Wien seine bereits aus dem Rohbericht bekannten Vorwürfe bezüglich zu hoch angegebener Besucherzahlen und der als "sehr hoch" kritisierten Dienstreisetätigkeit des früheren Geschäftsführers Peter Noever ("Die Presse" berichtete).

Die Hälfte der Besucher falsch angeführt

Demnach hat das Museum 2010 47,4 Prozent der mit 185.602 Besucher angeführten Besucher fälschlich als solche geführt, da es sich dabei nicht um Ausstellungsgäste, sondern Besucher von Veranstaltungen oder um Personen handelte, die das Haus über den Personaleingang betraten.

Dem MAK zufolge seien Künstler, externe Wissenschafter und Journalistengruppen allerdings prinzipiell den Besuchern zuzurechnen - auch wenn sie den Personaleingang benutzten. Dennoch würden Eintritte durch diesen Eingang seit 2011 nicht mehr in die Statistik aufgenommen.

79 Reisetage im Schnitt pro Jahr

Auch an der Reisetätigkeit im MAK stieß man sich, seien die Kosten hierfür nach der Ausgliederung doch um 715 Prozent gestiegen - ohne Reisekosten im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Ausstellungen zu berücksichtigen. Dabei war nicht zuletzt Noever selbst viel auf Achse.

"Die von 2001 bis 2010 durchschnittliche Anzahl von 79 Reisetagen des früheren Geschäftsführers war im Verhältnis zu den pro Jahr durchschnittlich 221 Arbeitstagen sehr hoch; ebenso die durchschnittlichen Reisekosten laut den Reiseabrechnungen von rd. 81.000 Euro pro Jahr", so der RH in dem der APA vorliegenden Bericht. 2009 etwa sei Noever an 139 Tagen auf Dienstreise gewesen.

Das Kuratorium als Kontrollorgan habe hier für keine effektive Begrenzung gesorgt. Man werde Reiserichtlinien im Rahmen der Erweiterung des Internen Kontrollsystems im Zuge der Vervollständigung des MAK Handbuchs erstellen, heißt es dazu aus dem MAK.

172.000 Euro für Geburtstagsfeiern

Auch die zehn Geburtstagsfeiern für Noevers Mutter im MAK zwischen 2000 und 2009 im Haus beleuchtet der RH erneut. Diese verursachten dem MAK Aufwendungen von rund 172.000 Euro, die das Haus Noever allerdings nicht in Rechnung stellte. Aufgrund fehlender Lieferscheine konnten die Cateringrechnungen nicht überprüft werden. "Der RH erhielt vom früheren Geschäftsführer die Gästeliste für eine Geburtstagsfeier seiner Mutter im Jahr 2007. Weder die Anzahl der Gäste noch das Cateringdatum stimmen mit der dieser Veranstaltung zugeordneten Cateringrechnungen überein", kritisiert der Rechnungshof.

Ebenso werden die Kosten für das Buch "chronisch obsessiv. Die Gegenwart muss erst erkämpft werden" beanstandet: "Die im Zusammenhang mit dem 2008 veröffentlichten Buch über den früheren Geschäftsführer entstandenen Aufwendungen des MAK von rund 11.000 Euro waren im Verhältnis zu den bisher erzielten Erlösen von 385 Euro der elf verkauften Stücke sehr hoch."

Mittel unterschiedlich verteilt

Diese Vorhaltungen sind allerdings nicht die einzigen Aspekte, die der Rechnungshof in seinem Bericht zum MAK beleuchtet. So seien zwischen 2001 und 2010 die Personalkosten um 37,4 Prozent gestiegen - allerdings ungleich über das gesamte Haus verteilt. Im Funktionsbereich Ausstellungen verzeichnete man einen Anstieg von 190 Prozent, im Design Shop um 66,7 Prozent und für das MAK-Direktorium um 58,1 Prozent. Der wissenschaftliche Bereich bekam im gleichen Zeitraum dagegen um nur 14,1 Prozent mehr. Bei der Restaurierung verzeichnete man keine Steigerung.

Auch bei den Aufwendungen für Aus- und Weiterbildungen wurden die Mittel unterschiedlich verteilt. 91,8 Prozent entfielen auf Direktion, Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung. Der Funktionsbereich Wissenschaft musste sich mit 1,6 Prozent oder 142 Euro im Jahr begnügen. Man werde künftig den Bedarf an Fortbildung in den jährlichen Mitarbeitergesprächen erheben, so die Stellungnahme des MAK.

Kein Sponsoringkonzept

"Das MAK verfügte über kein Sponsoringkonzept. Es war ihm außer im Zeitraum 2006 bis 2008 nicht gelungen, mittel- bis langfristige Sponsoringvereinbarungen abzuschließen", streicht der RH heraus. Laut MAK wurde von der kaufmännischen Leitung 2010 ein grundlegendes Konzept entwickelt: Das Museum hätte die finale Ausarbeitung und die Umsetzung des Gesamtkonzepts aufgrund der Ereignisse um den früheren Geschäftsführer aufgeschoben, die strategischen Vorgaben des designierten Nachfolgers seien abzuwarten gewesen, heißt es als Reaktion.

Die Unterlagen zur neu eröffneten Dependance MAK Los Angeles seien äußerst lückenhaft, bemängelt der RH: "Aufgrund der dem MAK lediglich zu einzelnen Aufwendungen übersandten Unterlagen, der lückenhaften Übersicht über Lagerbestand und Anlagevermögen und der mangelhaften Unterlagen zum Shop des MAK Los Angeles war kein Gesamteinblick in die Gebarung des MAK Los Angeles möglich." Immerhin wundert sich der RH über die bei einem Abendessen Noevers mit Stipendiaten der MAK-Dependance von acht Personen konsumierten 58 Flaschen Alkohol, die dem MAK verrechnet wurden.

Zur Person

Peter Noever, 1941 in Innsbruck geboren, war Designer und Kurator. 1986 wurde er zum Direktor des Museums für angewandte Kunst bestellt. 2011 wurde Noever wegen falscher Rechnungen und Feiern für seine Mutter im MAK entlassen.

2001 suchte das MAK um Mittel für kunstwissenschaftliche Forschungsstipendien von 397.000 Euro an. Ausgezahlt wurden vom Kulturministerium allerdings 799.000 Euro. "Es lagen weder eine Grundlage für die Verdopplung der Mittel noch eine Vereinbarung über die Rahmenbedingungen für die Gewährung der Mittel vor", so der RH.

Überdies müssten die Rahmenzielvereinbarungen für das MAK konkreter gefasst werden, empfahl der RH. "Die zu einem großen Teil nicht konkreten Formulierungen und das teilweise Fehlen von Zeitangaben für die Umsetzung der Maßnahmen eröffneten Interpretationsspielräume, wodurch eine Evaluierung vielfach nicht möglich war." Es sei nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen, "Vorgaben im Sinne von Weisungen zur operativen und vom BMUKK permanent nachzuprüfenden Steuerung der Geschäftsführung zu geben", heißt es hierzu aus dem Ministerium.

Noever: "Das war alles immer transparent"

Der Ex-Direktor selbst kann gegenüber der APA die Vorwürfe nicht nachvollziehen: "Das war alles immer transparent - wie auch bei den Dienstreisen." Dass man heute sage, dass die Kosten für die Dienstreisen zu hoch waren, finde er "kurios", meint dazu Noever. "Wir sind der Maxime der Sparsamkeit gefolgt. Ich hätte meine Funktion nicht erfüllt und gegen meinen Vertrag verstoßen, hätte ich das nicht gemacht." Das Gegenkonzept dazu wäre für ihn "Provinzialität" gewesen.

Die zehn auf MAK-Kosten im Haus abgehaltenen Geburtstagsfeiern für seine Mutter würde er hingegen heute nicht mehr in der bekannten Form ausrichten. Das ändere aber nichts daran, dass diese Veranstaltungen im Interesse des Museums gewesen seien: "Die Veranstaltungen waren erfolgreich, das kann ich beweisen."

Schmied würdigt Noevers Leistung

"Wir haben dieses Haus in eine international respektierte Kunstinstitution überführt. Das war immerhin eine Periode von 25 Jahren, die man jetzt nicht mit einem Handstreich wegwischen kann", beharrt Noever auf seinem Lebenswerk und erhält darin Unterstützung vom Kulturministerium. "Bei all den berechtigen Kritikpunkten ist mir wichtig festzuhalten, dass Peter Noever viel für die österreichische Kunst, für Künstlerinnen und Künstler im In- und Ausland geleistet hat", unterstrich Ministerin Claudia Schmied (SPÖ). "Der Großteil der empfohlenen Maßnahmen für das BMUKK und das MAK ist bereits umgesetzt oder befindet sich in der Umsetzung."Das MAK-Kuratorium sieht sich durch den RH-Bericht zur Gebarung des Museums dagegen in seinem Vorgehen in der Causa Noever bestätigt. "Wir sind froh, dass es hier nunmehr einen Schlussstrich gibt und die neue Geschäftsführung ihre gesamte Kraft und Kreativität dem Museum und seinen Besuchern widmen kann", erklärte Andreas Treichl, Vorsitzender des Kuratoriums, in einer Aussendung.

Der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, sieht sich durch den RH ebenfalls bestätigt: "Ich habe diese Prüfung im Jänner 2011 veranlasst, nachdem immer mehr Skandalöses aus dem MAK bekannt wurde. Bei Prasserei auf Regimentskosten, jenseitigen Repräsentationsspesen, privater Mitschneiderei, Trickserei mit Besucherzahlen und einer postfeudalen Führungskultur hört sich nämlich der Spaß auf." Er sieht künftig das Ministerium als unabhängige Kontrollinstanz am Zug, Konsequenzen zu ziehen.

"Da fehlen einem die Worte", zeigte sich Kultursprecher Stefan Markowitz vom Team Stronach sprachlos angesichts des RH-Berichts. Jetzt sei eine genaue Überprüfung aller Bundesmuseen gefordert.

(APA)

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