Der Tod war den Ägyptern teuer

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Die Ausstellung "Wege zur Unsterblichkeit" in der Nationalbibliothek zeigt facettenreich den Jenseitskult der Pharaonenzeit. Zentral sind die Totenbücher.

Was machen verschiedene Völker mit ihren Toten?, fragte sich der griechischsprachige Satiriker Lukian von Samosata im dekadenten Römischen Reich der Kaiserzeit: „Der Grieche verbrennt (den Verstorbenen), der Perser begräbt ihn, der Inder verglast ihn, der Skyther isst ihn – und der Ägypter salzt ihn.“

Tatsächlich wurden im Land am Nil bereits in Urzeiten Leichen konserviert. Erst geschah das auf natürliche Weise im salzhaltigen Wüstensand. Er ist vor allem reich an Soda. Für das Bewahren der Körper entwickelten die Ägypter dann im 3. Jahrtausend vor Christus raffinierte Prozesse der Einbalsamierung und Mumifizierung.

Nicht nur die Römer, die Ägypten vor der Zeitenwende eroberten, haben sich über diese unbedingte Hinwendung zum Jenseits gewundert. Schon der griechische Weltreisende Herodot ließ sich in der Spätzeit der Pharaonen ausführlich über Begräbnisriten aus. In seinen „Historien“ schrieb er vor fast 2500 Jahren ausführlich über das Reinigen, das Entfernen der Organe, den ganzen Prozess: „Nach Ablauf der siebzig Tage waschen sie die Leiche, umwickeln den ganzen Körper mit Streifen von Leinwand aus Byssos, die sie mit Gummi überstreichen, den sie in der Regel statt des Leims verwenden. Dann übernehmen die Angehörigen die Leiche und legen sie in einen Sarkophag. Dann bergen sie ihn in der Grabkammer, indem sie ihn an die Wand lehnen.“

Schreiber Sesostris auf der letzten Fahrt

All diesen Aufwand um die Totenpflege kann man in einer Ausstellung im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek sehen: „Wege zur Unsterblichkeit. Altägyptischer Totenkult und Jenseitsglaube“ gibt anhand von mehr als 80 Exponaten einen kurzen Einblick in das Leben und Sterben der Ägypter. Im Mittelpunkt stehen die Totenbuch-Texte, eine Sammlung hunderter Sprüche, die zum Zeremoniell der Begräbnisse gehörten. Erstmals zu sehen sind Teile des 16 Meter langen Totenbuchs der Nefersobek. Es stammt aus der Zeit des Hellenismus und ist in hieratischer Schrift verfasst. Da die Rolle fast vollständig erhalten ist, gibt es praktisch einen lückenlosen Einblick in den damaligen Kult. Prächtig ist auf dem Papyrus der Lauf der Sonne gestaltet.

Ein weiteres beachtliches Exponat: Das Totenbuch des Sesostris aus dem 15. Jahrhundert vor Christus ist das älteste Objekt im Besitz der Nationalbibliothek. Die sechs Meter lange, bunte Rolle mit ihren Zaubersprüchen, Beschwörungsformeln und rituellen Anweisungen gehörte dem Schreiber und Rinderzähler Sesostris. In einem der Sprüche ist Sesostris auf einer Barke zu sehen, im Gefolge des Sonnengottes Re, begleitet vom weisen Gott Thot und der gerechten Göttin Maat. Am Ende der Rolle opfern der Schreiber und seine Frau den Göttern, damit die Überfahrt gelingt.

Das schwere Herz der Musikerin Taruma

1300 Jahre jünger ist das Totenbuch der Taruma. Sie war eine Musikerin. Nun steht sie vor dem Totengericht. Der Totengott und 42 Richter beobachten, ob ihr Herz in der Waagschale schwerer wiegt als die kleine Statue der Maat, der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. Wäre das Herz der Taruma zu leicht, würde es von einem Unwesen mit dem Kopf eines Krokodils verschlungen. Wer aber die richtigen Formeln kannte, ging beruhigt dem Jenseits entgegen.

Wie wichtig die Ägypter diesen Totenkult nahmen, zeigt die Klage der Artemisia aus dem 4. Jahrhundert vor Christus. Diese Griechin erhob den Vorwurf, dass der Vater ihrer Tochter dem Kind das Begräbnisritual vorenthalten habe. Artemisias brachte ihre Klage schriftlich im Tempel ein: Der Totengott Osiris solle dem Mann das Begräbnis verweigern, wenn er nicht für die Tochter sorge. Wie ging die Sache aus? Leider: Die Klage liegt noch immer unerledigt vor.

Der Totenkult war kostspielig, das zeigt auch ein 2200 Jahre alter Papyrus – eine detaillierte Rechnung. Klageweiber waren zu bezahlen, der Sarg, die Totenmaske. Besonders teuer aber waren die Leinenbinden, die oft auch mit Sprüchen beschriftet wurden. Die von Angelika Zdiarsky kuratierte Schau geht auf den Alltag im alten Ägypten in gut aufgearbeiteten Details ein. Tonscherben, Masken, Mumientäfelchen und Kartonagen lassen neben den Papyrusrollen ein umfangreiches Bild dieser Zeit entstehen.

Bis 12. Jänner 2014 im Papyrusmuseum der ÖNB am Heldenplatz. Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr, Donnerstag 10–21 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2013)

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