eBay und Sotheby's: Liaison im Auktionsmarkt

A staff member holds an Art Deco platinum ring watch set with diamonds during an auction preview at Sotheby's in Geneva
A staff member holds an Art Deco platinum ring watch set with diamonds during an auction preview at Sotheby's in GenevaREUTERS
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Das traditionsreiche Auktionshaus Sotheby's und der Online-Auktions-Riese eBay versuchen ein zweites Mal eine Kooperation. In Live-Stream-Auktionen werden Schmuck, Design und Kunst von 5000 bis 100.000 Dollar angeboten.

Vergangenes Jahr wurden am Kunstmarkt 65 Milliarden Dollar umgesetzt. Das hat Claire McAndrew für ihren jährlichen Marktreport errechnet, den sie zur Antiquitätenmesse Tefaf vorlegt. Darin rechnete sie heuer auch vor, dass der Umsatz im Kunstmarkt 2013 um elf Prozent gestiegen ist. Die moderne Kunst ist besonders durch die Auktionshäuser zu einem massiven Wirtschaftszweig geworden – und das will Sotheby's jetzt noch entschieden ausbauen.

Das 1744 in London gegründete, seit 1988 an der New Yorker Börse gehandelte US-amerikanische Unternehmen besitzt über 90 Niederlassungen in 40 Ländern, in denen weltweit ca.250 Auktionen in zehn Auktionszentren abgehalten werden. Dieser Markt ist abgedeckt, ein großes Potenzial wird aber im Internet gesehen – weshalb Sotheby's nun eine Kooperation mit dem Internet-Flohmarkt eBay startet. In Live-Stream-Auktionen sollen Uhren, Wein, Schmuck, Design und Kunst angeboten werden. Verkaufspreis der Objekte: zwischen 5000 bis 100.000 Dollar.

Es ist nicht der erste Versuch einer Zusammenarbeit. Bereits 1999 verkündete Amazon, 35 Millionen Dollar in die Auktionsseite sothebys.amazon.com zu investieren, doch das Projekt scheiterte. 2002 sollte Sotheby's dann in die eBay-Seite integriert werden, was im Februar 2003 mit einem kolportierten Verlust von 100 Mio. Dollar scheiterte. Gut zehn Jahre später folgt jetzt also ein weiterer Versuch. Denn mittlerweile sieht das Haus neues Potenzial: Es gebe weit mehr Sammler und mehr Interesse an Online-Verkäufen. 2013 boten die Online-Interessierten bei Sotheby's auf 17 Prozent aller möglichen Lots, die Gesamtsumme aller im Internet verkauften Lots des Auktionshauses stieg dabei um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Höhepunkt war eine Erstausgabe von John James Audubons vierbändigem Buch „Birds of America“, verkauft auf einer live übertragenen Auktion im April 2014 für gut 3,5 Mio. Dollar.


Schnäppchen Jackson Pollock? Ende 2014/Anfang 2015 sollen zunächst New Yorker Auktionen auf eBay übertragen werden. Aber warum will das elitäre Auktionshaus seinen Kundenstamm gerade dort erweitern, wo Schnäppchen gesucht, Gebrauchtes, Altes und gerne auch einmal Fälschungen angeboten werden? So wurden etwa 60 Bilder von Jackson Pollock über eBay angeboten, für den unglaublichen Preis von 9000 Dollar pro Stück – Fälschungen, wie sich natürlich herausstellte. Das Argument für die Kooperation ist ein Zahlenspiel: eBay hat 145 Millionen aktive Nutzer weltweit. „Selbst wenn wir nur ein Prozent dieser Kunden erreichen, wäre das viel für uns“, erklärte Bruno Vinciguerra, Geschäftsführer von Sotheby's. eBay hat eine simple Statistik aufgestellt: Jeden Tag würde das Online-Portal mehr als 3500 Auktionen mit einem Preis von 5000 Dollar beenden. 2013 hätten die Hälfte aller Lots von Sotheby's zwischen 5000 und 100.000 Dollar gelegen – und das ergibt die Schnittmenge beider Häuser. eBays Interesse an der Kooperation: Image-Gewinn, um endlich den Ruf eines Flohmarktes zu verlieren.

Aber bietet das Internet tatsächlich ein Potenzial für den Verkauf exklusiver Waren? Sotheby's stärkster Konkurrent, dass Auktionshaus Christie's mit Sitz in London, kündigte gerade eine Neugestaltung seiner Webseite für Oktober an, denn die reinen Internet-Auktionen werden ausgebaut. Letztes Jahr waren es 60, geplant sind doppelt so viele. „Dieses Jahr waren bereits 30 Prozent unserer Käufer neu für Christie's, und ein Drittel davon kam über das Internet“, sagte CEO Steven P. Murphy. Die Internet-Kunstmesse VIP Art Fair dagegen scheiterte 2012 im zweiten Anlauf katastrophal. Zwar beteiligten sich 135 Galerien, aber kaufen wollte kaum jemand. Auch der jüngst gestartete Kunst-Verkauf von Amazon ist keineswegs eine Erfolgsgeschichte: Ein Großteil der angebotenen Bilder sind minderwertige Werke. Fakt bleibt, dass durch die „Smartphone-Revolution“ immer mehr Menschen im Internet einkaufen. 25 Prozent der Zugriffe auf die Sotheby's-Webseite kommen durch mobile Geräte. Bei eBay werden bereits über 40 Prozent aller Einkäufe via Smartphone abgewickelt (20 Millionen Dollar 2013).

Sicherlich, auf ein Schnäppchen bei eBay kann man gut in der Mensa bieten. Aber wird auch genügend Begeisterung aufkommen für eine Auktion im exklusiven Sammlermarkt? „Für die 25-Jährigen, die Online-Einkäufe gewöhnt sind, ist es der perfekte Weg, um in die Kunstwelt einzusteigen“, sagt eBays Kunstberater Josh Baer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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