Kunstmesse: Höhenflug im Erdgeschoß

Leo Putz »Am Ufer« (1911), Öl auf Leinwand, aus einer deutschen Privatsammlung, wird für 125.000 Euro angeboten.
Leo Putz »Am Ufer« (1911), Öl auf Leinwand, aus einer deutschen Privatsammlung, wird für 125.000 Euro angeboten.Kovacek
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Die Art Salzburg übersiedelte in andere Räume der Residenz. Das fördert die Resonanz – was die Galeristen begeistert.

Schiele in Schraubenform: Haben Sie das Porträt und den Torso des Malers erkannt? Auf Chinesen wirkt Schiele wie früher auf Briten obszön. Wang Xiaosong hat die typischen Formen des Malers für sein Gemälde daher verpackt. Auch Hua Li liebt das Geheimnis – und die abstrakte Tradition: Der Kahlenberg ist eine tiefblaue Fläche, Dampfschiff und Porträt sind bei näherem Hinsehen schon leichter zu erkennen – und der „Frühling in Wien“ spielt alle Ölfarben.

Josef Schütz, auf österreichische Kunst nach 1900 spezialisiert, hat sich nach China aufgemacht. Dort finden antike Möbel reißenden Absatz, wie die Amerikaner lieben längst auch die Chinesen edle europäische Antiquitäten. Doch Schütz hat neben seinem angestammten Programm noch einen zweiten Stand auf der Art Salzburg, eben das Chinese Department.


Kätzchen und Kobold.
Bis 24. August ist die Kunstmesse in der Salzburger Residenz zu erleben. Wer früher durch leere Säle schlenderte, erlebt heuer eine Überraschung. Durch die Übersiedlung ins Erdgeschoss gibt es viel mehr Besucher. „Ein Riesenvorteil“, erklären Händler, etwa Sonja Menches (Giese & Schweiger) und Sylvia Kovacek. „Am Ufer“ vom Südtiroler Maler Leo Putz (1869–1940), dieses Ölbild vermittelt Sommerflair, das heuer oft fehlte. Für 125.000 Euro bietet die Galerie Kovacek das Gemälde an, das beim Auktionshaus Neumeister in München 2012 um 22.000 Euro aufgerufen und um 46.000 Euro zugeschlagen wurde. Wie gibt es solche Preissprünge? „Das Bild war viel zu billig, der Preis ein Zufall“, sagt Sylvia Kovacek: „In den letzten Jahren wurden sieben Gemälde von Putz um 110.000 bis 200.000 Euro verkauft.“ Wer nicht so tief in die Tasche greifen möchte: „Die gute Nachricht“, ein bezauberndes Mädchen von Eugen von Blaas (1887) kostet 75.000 Euro, und Carl Reicherts „Spielende Kätzchen“ (1894) sind für 22.000 Euro zu haben. Franz Sedlaceks „Kobold“ hingegen möchte man keinesfalls begegnen. Auf einer Mauer hockend glotzt er mit leeren Augen und riesigen Zähnen auf einen Mann herab, der gleich die Treppe hinunterfallen wird, vor Angst. 330.000 Euro kostet das kleine Gemälde bei Giese & Schweiger. Aufbauender schaut der Romako aus, aber nur auf den ersten Blick: „Ernte in Balvanyos“, die Arbeiter hinter einer Frau mit Garbe erinnern an einen Totentanz (145.000 Euro). In Amerika aufgetaucht ist „Hausgarten mit blühendem Baum“ von Theodor Hörmann (380.000 Euro).


Pop-Art. Es gibt weniger Möbel, mehr bildende Kunst. Einige Händler bieten Schiele an, etwa Wienerroither & Kohlbacher („Liegender Akt, masturbierend“, 1914, 290.000 Euro). Klassische Moderne: Chagall, Max Ernst bei Laszlo von Vertes, Paul Klee bei Thomas Salis, Picasso, Fernand Léger bei der Galerie Française. Über eine Million Euro soll ein Originalgemälde von Andy Warhol kosten, das die Galerie Gerald Hartinger offeriert, die auf Pop-Art spezialisiert ist: „New York Skyscrapers“ (1981). Hartinger bietet auch ein Mobile von Roy Lichtenstein an – um 48.000 Euro; und Arbeiten von Keith Haring. Auf Warhols Spuren zeigt der Brite Russell Young eine weinende Marilyn Monroe: „Suicide“ heißt der Zyklus. Zwischen 3.500 und 90.000 Euro kosten die Bilder des Brasilianers Romero Britto, der eigenwillige Pop-Art-Porträts auf Bestellung anfertigt.

Art brut der Stars von Gugging präsentiert die gleichnamige Galerie: August Wallas „Land am Planet Merkusius“, (1991) für 110.000 Euro, Adolf Wölflis „Many Billions of Hours“, (1925, 88.000 Euro. Auch neue Künstler aus Gugging stellt die Galerie vor: Jürgen Tauscher zeichnet bizarre Flugkörper, Helmut Hladisch Elfentürme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2014)

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