Wien: Am Hof im gelben Kunstnebel

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Der dänisch-isländische Kunststar Olafur Eliasson präsentierte in Wien seinen „Yellow Fog“. Deshalb rückte schon die Feuerwehr aus.

Wenn das Christkind den Himmel orange-rosa bäckt und die Rehe springen: Dann dämmert's. Derzeit geht die Sonne um 18.15 Uhr unter, ab nun jeden Tag zwei bis drei Minuten früher, der Winter kommt. Berührt das jemanden? Ja, zum Beispiel Gabriele Schor, Leiterin der Sammlung Verbund, die Olafur Eliassons Installation „Yellow Fog“ kuratiert. Dazu muss es dämmern, und wann es das tut, ist für Städter sonst unerheblich. In der Stadt lebt man unabhängig von Jahreszeiten, von Tag und Nacht. Die Stadt ist den Menschen eine künstliche Natur, eine zweite Welt.

Dem dänisch-isländischen Künstler Olafur Eliasson geht es darum, Natur als kritisches Werkzeug für Planungsstrategien, Architektur oder soziale Abläufe zu verwenden, sagte er dem „Schaufenster“. So lässt er auch – noch bis Montag – einen Wasserfall von der New Yorker Brooklyn Bridge stürzen.

Wien mit seinem „barocken Gesicht“

Donnerstagabend präsentierte er in Wien jene Installation, die nun dauerhaft Am Hof bleibt. Der „gelbe Nebel“ lag schon 1998 vor dem Jüdischen Museum an der Fifth Avenue, New York. „Gelb ist eine schöne und gleichzeitig gefährliche Farbe, die man sehr stark wahrnimmt“, sagt Eliasson. Bei Gelblicht habe man ein besseres Sehvermögen, man erkenne mehr Graustufen. Deshalb werde es häufig zur Straßenbeleuchtung benutzt. Doch weist er darauf hin: Das Werk verändert sich mit der Stadtumgebung. Wien mit seinem „barocken Gesicht“ etwa sei besonders stark von Licht beeinflusst.

Eliassons Idee ist, den öffentlichen Raum „neu zu verhandeln“. Und dazu brauche es natürlich auch Widerstand, Reibung.

Die erste – in diesem Sinn aber nicht gemeinte – „Reibung“ passiert am jeweiligen Ausstellungsort mit der Bürokratie, die dort die Stadt verwaltet. Schor musste für „Yellow Fog“ 40 Genehmigungen einholen; als zur Fotoprobe das Verbundgebäude eingenebelt wurde, rückte dennoch die Feuerwehr von nebenan aus – Fehlalarm.

Auch wenn der Amtsweg in Wien mühselig war, findet Eliasson, dass in der europäischen Stadtplanung die Idee von Demokratie deutlich zu erkennen ist. Anders, kommerzieller sei das in den Vereinigten Staaten: Dort könne man sich durch die Bürokratie „durchzahlen“, so der Künstler. Jede Stadt habe sich der Frage zu stellen: Welche Werte wollen wir auf unseren Straßen haben? Und so passiert das Verwalten überall auf der Welt auf eine andere Art und Weise.

Ursula Stenzel fühlt sich umarmt

Schwierig ist dieses Verwalten, weil öffentlicher Raum eigentlich „Negativraum“, also „Leere“ ist. Der Nebel füllt diesen Raum, die Luft wird sichtbar und soll bewusst machen, wie man die Stadt wahrnimmt – von innen oder von außen? „Ist sie eine Umarmung, oder stellt sie sich den Leuten gegenüber?“ Bezirkschefin Ursula Stenzel dürfte sich in diesem Fall umarmt fühlen – sie war am Donnerstag auch bei der Präsentation.

Eliasson möchte Räume schaffen, die ein „gleichzeitiges Zusammenkommen und Auseinandersetzen“ ermöglichen, nicht neben- oder hintereinander: „Ich will, dass Kunst als Teilnehmer der Gesellschaft wahrgenommen wird, dass mit Kunst gelebt wird.“ Im öffentlichen Raum begegne man ihr „uninszenierter“. „Man kann dem öffentlichen Raum das schon zutrauen.“

Informationen zu „Yellow Fog“ an den äußeren Verbund-Mauern gibt es übrigens nicht. Schor: „Unser Foyer ist rund um die Uhr geöffnet und besetzt. Es steht jedem frei, den Portier zu fragen.“ Der muss einem dann die (zweite) Welt erklären.

ZUR PERSON

Olafur Eliasson (geb. 1967) ist Däne isländischer Herkunft. Ab 1998 färbte er das Wasser mehrerer Flüsse grün, in der Londoner Tate Modern präsentierte er „The Weather Project“.

„Yellow Fog“, täglich eine Stunde ab Einbruch der Dunkelheit, Am Hof 6a, Wien I.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2008)

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