Ostlicht: Leiber als Landschaft – die Bilder des Ren Hang

(C) Ren Hang
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In der Fotogalerie in Favoriten werden Werke eines Shootingstars aus Peking ausgestellt. Körper werden bei Ren Hang zu Skulpturen, eine kühl kalkulierte Bildsprache überlagert die Erotik mancher Szenen.

Eng beisammen liegen Menschen nackt auf dem Boden, ihre Köpfe, ihre Gesichter sieht man nicht. Sie bilden eine Landschaft. Diese Hügel aus Hintern, Scham oder Brustwarzen wirken nicht obszön, sondern ornamental, sie werfen vor blauem Horizont Schatten, zeigen Abstufungen von Fleischfarben. In einem anderen Foto wird der Körper zur dynamischen Plastik: Eine weibliche Gestalt von den Knien bis knapp unter den Nabel – zwischen ihre Oberschenkel und den Unterleib drängen sich vier Paar Hände, die Nägel sind grellrot lackiert. Die Entblößung wird durch viele verschränkte Finger verdeckt.

Einige Bilder des in Peking lebenden Fotografen Ren Hang, die in der Galerie Ostlicht ausgestellt sind, haben diese Ästhetik, die Körper in Landschaften und Skulpturen auflöst. Andere sind durchaus als pornografisch einzustufen. In seiner Heimat gilt der 1987 geborene Ren als provokant. Sogar die Polizei habe eine Ausstellung kontrolliert, manche Fotos seien beim Abhängen von Spucke bedeckt gewesen, sagt er in einem begleitenden Video. Doch in New York, wo er eben war, oder in Wien wird sein Explizites wohl kaum als öffentliches Ärgernis empfunden. Der Fotograf, auch als Lyriker produktiv, gab sich bei der Pressekonferenz verschlossen. Ob seine Modelle (die auch in homosexuell angedeuteten Akten posieren) mit allen Ergebnissen einverstanden seien, wird er gefragt. „Kein Kommentar.“ Ob er Vorbilder habe? „Nein.“ In einem von der Galerie zur Verfügung gestellten Film sagt er: „Ich nenne mich nicht einen Künstler, in Peking oder China. Ich mache einfach Fotos.“ Nach Erfolg gefragt, zuckt er mit den Schultern: „Das Leben soll sanft weitergehen.“

Sanft, manchmal obszön und doch meist kalt, ohne allzu offensichtlich aufgeladene Erotik sind die Arbeiten, die Ren Hang in Wien präsentiert. Körper verschlingen sich, bilden Stillleben mit Pflanzen, Schlangen, Vögeln. Nackte Menschen sind ausgesetzt auf Dächern, vor trüben Plattenbauten.

Finger werden kunstvoll verflochten, aber auch andere Körperteile und vor allem Haare. In einem Bild werden weibliche Münder rüde gestopft – ein Akt der Gewalt. Das Provokanteste allerdings an einigen inszenierten Bildern sind nicht zur Schau gestellte Genitalien, sondern die direkten Blicke. Zuweilen ist ein Auge durch ein Tierauge, einen Penis oder anderes verstellt. Als wollte man den Betrachter das Gesicht verlieren lassen.

Bis 19.Juni, Mi bis Sa, 12–18 Uhr, Wien X, Absbergg. 27.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2015)

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