Erben eines Wiener Industriellen erhalten El-Greco-Gemälde

(c) APA/EPA/Commission for Looted Ar (Commission for Looted Art Europe)
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Die Gestapo beschlagnahmte 1944 das "Porträt eines Edelmannes". Das Bild nahm abenteuerliche Wege durch den internationalen Kunsthandel. Nun sorgte die Non-Profit-"Commission for Looted Art in Europe" für die Restitution an die Erben nach Julius Priester (1870–1954).

„Sehr erfreulich“, sagt Restitutionsexpertin Sophie Lillie zur Rückgabe von El Grecos „Porträt eines Edelmannes“ an die Erben nach Julius Priester. Seine Geschichte ist in Lillies „Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen“ verzeichnet: Priester, 1870 in Böhmen geboren, war Präsident der Petroleumsgesellschaft Galizin Wien, Vorstandsmitglied der Galizischen Naphta AG Lemberg, Direktionsmitglied der Ungarischen Gummiwarenfabriks-AG, auch involviert in die Elektrizitätswirtschaft, in Maschinen- und Schiffbau. Schon in den frühen 1920er-Jahren soll er die ihm gehörende Mineralölgesellschaft verkauft und mit dem Erlös begonnen haben, eine Kunstsammlung aufzubauen. Sie enthielt niederländische und italienische Altmeister sowie Arbeiten aus dem 19.Jahrhundert (Carl Moll, Rudolf von Alt).

An die 50 Werke u.a. von Frans Hals, Rubens, David Teniers, Tintoretto, auch El Grecos Ölgemälde „Porträt eines Edelmannes“ sind in der Liste verzeichnet, die Priester 1938 im Zuge der Vermögensanmeldung abgeben musste: Die Nationalsozialisten verlangten dies von den Juden, die sie verfolgten, vertrieben und ermordeten. Priester flüchtete mit seiner Frau, Camilla, nach Mexiko. Bis zuletzt versuchte er, seine enteignete Kunstsammlung zurückzuerlangen. Noch kurz vor seinem Tod, 1954, veranlasste er die Veröffentlichung eines bebilderten Verzeichnisses von 17 Gemälden in einem Fahndungsblatt der Bundespolizeidirektion Wien. Das Bild aber war gar nicht mehr in Wien. Die Gestapo hatte es 1944 aus einem Depot beschlagnahmt, 1951 wurde es von Wien nach New York gebracht. Ein New Yorker Kunsthändler verkaufte es einem anderen, der es an einen Londoner Händler vermittelte. 2003 gelangte das Gemälde in eine Schweizer Privatsammlung. Die Identität dieses Besitzers sei durch eine Treuhandgesellschaft verschleiert worden, die auf keine Anfragen reagierte, berichtet die Commission for Looted Art in Europe (CLAE), die nun für die Rückgabe des Gemäldes sorgte. Im Juni 2014 wurde das Bild in Kommission eines Londoner Kunsthändlers in New York zum Verkauf angeboten.

Die CLAE erhob daraufhin Anspruch auf das Gemälde. „Die Geschichte der Beschlagnahmung und des Handels mit diesem Gemälde über einen Zeitraum von über 60 Jahren zeigt, in welchem Umfang der Kunsthandel in die Veräußerung von NS-Raubkunst involviert war und wie schwierig es für die Enteigneten ist, ihr Eigentum wiederzufinden und zurückzubekommen. Wir freuen uns, dass dem Kunsthändler, bei dem das Gemälde nun aufgetaucht ist, die Bedeutung des Falles sofort bewusst war und er gewillt war, die Rückgabe zu ermöglichen“, erklärte Anne Webber, in leitender Funktion bei der CLAE. Familien, Museen und Regierungen können sich an die CLAE wenden, die sie bei der Verfolgung ihrer Ansprüche, Recherchen, Behördenwegen berät, unterstützt und auch ein „Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945“ betreibt. Bisher konnten 3500 geraubte Kunstwerke bzw. Kunstgegenstände durch Initiative der CLAE zurückgegeben werden. Darunter zuletzt: Maurice de Vlamincks „La Voile Blanche à Bougival“ (Weißes Segelboot in Bougival).

Eine Art Mediationsverfahren

Dieses Gemälde, das im Zuge der NS-Invasion in Paris der Bernheim-Familie geraubt worden war, tauchte bei Christie's in London 1978 auf – und noch einmal 1992. Die Anbieter beriefen sich auf den Erwerb in gutem Glauben. 2014 aber gelang es der CLAE, eine Einigung zwischen dem Besitzer und den Erben zu erzielen. Auch im Falle des El Greco vertritt die CLAE die Erben Priesters und den Händler, der das Gemälde 2010 erwarb, eine Art Mediationsverfahren.

Wie viel ist das Bild wert? Die Preise bei El Greco schwanken. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, El Grecos „Heiliger Dominikus im Gebet“ aus der Sammlung Gustav Rau erzielte 2013 bei einer Londoner Auktion rund 10,8 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2015)

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