Kunsthaus Wien: Erdball mit bunten Bäumen

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Das Kunsthaus Wien ist auf einem guten Weg, sich als erstes grünes Museum zu etablieren.

Wenn man neuerdings durch das von Friedensreich Hundertwasser umgebaute Kunsthaus Wien flaniert – zum Beispiel durch die ruhige, anrührende Ausstellung der japanischen Fotografin Rinko Kawauchi –, dann wirkt manches etwas anders als in früheren Jahren. Zwar ist die eigenwillige Architektur des Hauses (das als Umbau einer über 100 Jahre alten Möbelfabrik Hundertwassers Vision zufolge im Grunde ein Upcyclinghaus ist) unverändert. Doch Details machen es für einen aufmerksamen Beobachter jetzt vielleicht etwas spürbarer. So dringt etwa durch die kleinen Holzfenster, die früher verhängt waren, wieder Tageslicht. Und in den tiefen Fensternischen machen sich jetzt „Baummieter“ bemerkbar – Bäume, die dort aus Trögen wachsen als „Botschafter des freien Waldes in der Stadt“, wie das Hundertwasser in seinem Plädoyer für die Begrünung der Häuserfassaden formuliert hat. Gerade im Zusammenspiel mit Kawauchis filigranen Pflanzen- und Landschaftsaufnahmen, die bald Close-ups sind, bald größere Szenerien einfangen, erscheinen sie wie eine perfekte Naturkulisse.

(c) 2015 Hundertwasser-Archiv/Wien

Neuausrichtung. Doch das ist eigentlich ein Zufall beziehungsweise Ausdruck der Neuorientierung, die sich die seit nunmehr einem Jahr amtierende Kunsthaus-Direktorin, Bettina Leidl, vorgenommen hat. Hundertwasser nicht nur als einen Maler und Künstler, der sich in seinem Spätwerk sein eigenes buntes Museum gebaut hat, sondern auch als einen Universalkünstler wieder ins Bewusstsein zu bringen – so ließe sich ihre Mission beschreiben. „Gerade im Gespräch mit jungen Besuchern zeigt sich immer wieder, dass ein starkes Interesse an Hundertwasser als Öko-Aktivisten besteht“, sagt sie. „Das gibt Anlass, genauer hinzuschauen. Denn Hundertwasser war nicht nur Maler, Performance-Künstler und Architekt. Er war vielmehr ein Universalkünstler, der durch seine Verbindung von Kunst und Leben und sein aktives Engagement für die Anti-Atomkraft-Bewegung und die Rettung der Hainburger Au auch in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für diese Themen geschaffen hat.“

Die programmatische Verbindung von Kunst und Ökologie, wie sie in der Figur des Museumsgründers angelegt ist, ist nun Grundlage für eine Profilierung des Hauses als grünes Museum. Leidl: „Hundertwasser hat sich schon sehr früh mit vielen Fragen beschäftigt, die uns heute alle betreffen: Müllverbrennung, die Herkunft unserer Kleidung, autarke Ernährung, die Erhaltung und die Kreisläufe der Natur, die Instandsetzung zerstörter Landschaft, Energiegewinnung, respektvoller Umgang mit den Ressourcen. Das ist für uns als Museum auch Anlass zu fragen: Wo sind heute die Künstlerinnen und Künstler, die sich mit ähnlichen Fragen beschäftigen?“

(c) 2015 Hundertwasser-Archiv/Wien

Neben der Fotografieschiene, die im Kunsthaus seit vielen Jahren eine starke Tradition hat und in deren Rahmen nun verstärkt auch jüngere internationale Positionen vorgestellt werden, und der Hundertwasser-Dauerausstellung, wird es also in Zukunft auch eine eigene Ausstellungsreihe geben, die dem grünen Gedanken besondere Aufmerksamkeit widmet. Als Ausstellungsort hat sich die bisher als Lager genutzte „Garage“ angeboten. Wie der Ausstellungsbereich im Haupthaus ist auch dieser 80 Quadratmeter große rechteckige Raum mit seinen unverputzten Ziegelwänden alles andere als ein White Cube. Das passt gut zum interdisziplinären und flexiblen Grundkonzept des Programms. Kunst, Design und Architektur haben da ebenso einen Platz wie auf den ersten Blick vermeintlich außerkünstlerische Themen.

Kreisläufe. Nach dem Auftakt mit einem Video des holländischen Filmemachers Guido van der Werve ist die kommende Ausstellung dem österreichischen Agrar-Revolutionär Sepp Holzer gewidmet. Der gebürtige Lungauer Landwirt und Naturforscher, der sich ausgehend von der Beschäftigung mit naturnaher Landwirtschaft als Agrarökologe einen Namen gemacht hat, ist heute ein weltweit gefragter Berater für die Renaturierung zerstörter Landschaften. Sein Hauptaugenmerk liegt darauf, die natürlichen Kreisläufe im Ökosystem nachzuvollziehen und bestmöglich zu nutzen. Bewässerung spielt dabei ebenso eine Rolle wie das Prinzip der Mischkultur oder die Terrassierung des Geländes, wofür ab und zu auch einmal ein Bagger zum Einsatz kommt. Architekt und Ausstellungskurator Christian Knechtl sieht Holzers Konzept damit in einer Reihe mit Friedensreich Hundertwassers ökologischem Denken, aber auch der amerikanischen Land Art etwa eines Robert Smithson. „Holzer beobachtet Wind, Sonne und Wasser und deren Wechselwirkung und macht aus diesen Beobachtungen Dinge, die für die Befreiung jedes Einzelnen sind.“

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Eines steht à la longue auch noch auf der Agenda der Direktorin: die Zertifizierung mit dem Umweltzeichen. 25 Jahre ist es nun her, dass das Logo – es symbolisiert einen von vierzehn Bäumen umwachsenen Erdball – von Friedensreich Hundertwasser entworfen wurde. Seitdem wurde es über tausendmal in den Sparten Produkte, Tourismus und Bildung vergeben. Kulturelle Einrichtungen wie Theater und Museen sind bisher von der Vergabe ausgeschlossen. Bettina Leidl hat es sich zum Ziel gesetzt, das Umweltzeichen für das Kunsthaus als erstes Museum zu erlangen und sich für die Erarbeitung neuer Kriterien zu engagieren. „Es kann nicht sein, dass Kultureinrichtungen von diesem wichtigen Gütesiegel ausgeschlossen sind“, sagt sie. „Auch wir sind Teil der österreichischen Kulturlandschaft.“

Tupp

Ausstellung. „Sepp Holzer Permakultur“, von 30. 4. bis 4. 6. in der „Garage“ des Kunsthauses Wien. ­
www.kunsthauswien.com

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