Gilbert Kaplan: Der emsigste Mahler-Verehrer ist tot

Gilbert Kaplan.
Gilbert Kaplan.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Gilbert Kaplan ist 74-jährig nach kurzer, schwerer Krankheit zu Neujahr in New York gestorben.

Bekannt geworden ist der bekennende Gustav-Mahler-Enthusiast Gilbert Kaplan als jener Dirigent, der ausschließlich die Zweite Symphonie seines Idols, die „Auferstehungssymphonie“ aufführte – am Pult der besten Orchester. Mit London Symphony und den Wiener Philharmonikern hat er sie sogar für CD eingespielt.

Nachhaltiger sind die vielen Forschungsprojekte, die er unterstützt hat. Als Wirtschaftswissenschaftler und Zeitungsherausgeber hatte er ein Vermögen gemacht, das er in eine Foundation einbrachte, die Mahleriana erwarb, um sie der Musikwissenschaft zugänglich zu machen. So publizierte er das Originalmanuskript des „Adagietto“-Satzes aus der Fünften Symphonie in Mahlers Urschrift und in der als Druckvorlage benutzten Abschrift von Mahlers Ehefrau Alma, dazu Zeugnisse von Mahler nahestehenden Interpreten, voran des Dirigenten Willem Mengelberg. Aus den gebündelten Informationen ging klar hervor, dass gerade mit dem „Adagietto“ über Jahrzehnte – vor allem seit der Verwendung als Soundtrack in Viscontis Film „Tod in Venedig“ – Schindluder getrieben worden war. Seit der Uraufführung hatte sich das Tempo auf die doppelte Länge verlangsamt! Aus einem „Liebesbrief an Alma“ (Mengelberg) war eine Todesmusik geworden.

Kaplan publizierte einen umfangreichen Bildband mit allen erhaltenen fotografischen Dokumenten zu Leben und Schaffen Mahlers. Auch dass er Mahlers „Komponierhäuschen“ am Attersee liebevoll restaurieren ließ, garantiert, dass Mahler-Verehrer das Andenken dieses Mäzens in Ehren halten werden. (sin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2016)

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