Erben von Hitler-Attentäter fordern Kunstwerke zurück

Resitutionsstreit in Deutschland: Sechs Bilder aus der Sammlung von Hitler-Attentäter Lehndorff sollen in sächsischen Museen sein. Die Erben werfen den Kunstsammlungen eine "Strategie des Aussitzens" vor.

Ein Restitutionsstreit mit den Erben des Hitler-Attentäters Heinrich Graf von Lehndorff bringt vier sächsischen Museen ins Kreuzfeuer der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, in dem jahrelangen Streit eine "Strategie des Mauerns und Aussitzens" zu verfolgen. Diese Vorwürfe wiesen die Kunstsammlungen am Montag zurück.

Die Familie erhebt Ansprüche auf Kunstgüter, die in der Nazi-Zeit enteignet wurden. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 war das Vermögen von Lehndorff eingezogen worden. Mehrere Kunstgegenstände gelangten offenbar nach Sachsen. Familien-Anwalt Gerhard Brand lokalisierte sie in Dresden, den Kunstsammlungen Chemnitz, auf Burg Kriebstein und in den Leipziger Grassi-Museen.

Nicht mit Sicherheit nachzuweisen

Nach derzeitigen Erkenntnissen sei ein früheres Eigentum der Familie von Lehndorff "nicht mit der notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen", heißt es aus den Kunstssammlungen. Allerdings bestehe bei sechs Gemälden und eine Zeichnung eine "hohe Wahrscheinlichkeit", bei einem weiteren Gemälde seien Hinweise für ein Eigentum vorhanden. Den Kunstsammlungen zufolge hat Brand ein Vergleichsvorschlag abgelehnt. Ein Gemälde sollte in den Dresdner Sammlungen verbleiben. Damit war die Familie offenbar nicht einverstanden.

Denn Familien-Anwalt Brand zufolge bestehe an der Herkunft der Stücke kein Zweifel. "Die historischen Archivalien belegen eindeutig eine Lehndorffsche Provenienz", sagte er. Deshalb gebe es auch keine Veranlassung, den Kunstsammlungen in Dresden ein wichtiges Bild zu schenken und dem "Verwendungszweck zu entziehen."

Erben planen eigenes Museum

Die Erben planen, am früheren Familiensitz im damaligen ostpreußischen Steinort (Sztynort) eine Begegnungsstätte zu errichten. "Die Familie von Lehndorff hat dort 500 Jahre gelebt und sie hatte sehr viel Kunstverständnis", so der Anwalt.

Sie sächsischen Museen wurden sehr unterschiedlich mit den Restitutionsansprüchen umgehen. Während Leipzig sehr offen sei und den Zugang zu den Depots nicht verwehre, herrsche in Chemnitz ein anderer Geist. Im Fall von Dresden sieht der Anwalt eine "differenzierte Herangehensweise". "Auch die sächsischen Museen sind verpflichtet, Raubkunst offenzulegen", sagte der Jurist.

Mehr als 200 Verfahren laufen

Die Kunstsammlungen Dresden berichteten, dass sie im Fall Lehndorff sofort nach einem Hinweis des BADV mit der Provenienzforschung begonnen hätten. Die juristische Bewertung unterliege den selben Maßstäben wie in zahlreichen anderen Restitutionsverfahren. Derzeit seien es mehr als 200 Verfahren, bei denen es um tausende Stücke unterschiedlichster Art und Provenienz gehe.

Außer den acht Bildern hatte die Familie im Fall Dresden auch noch 27 Lexikon-Bände aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts verlangt. Nun warten die Kunstsammlungen auf eine Entscheidung des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV). Diese werde man "akzeptieren und keine Rechtsmittel einlegen", hieß es.

Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort

Der 1909 geborene Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort stammte aus Steinort in Ostpreußen und war von den Verschwörern des 20. Juli als Verbindungsoffizier eingesetzt worden.

Er wurde nach dem gescheiterten Attentat vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 4. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Seine Witwe Gottliebe, geborene Gräfin von Kalnein (1913-1993), überlebte die KZ-Haft. Das Paar hatte vier Töchter, die in Sippenhaft genommen worden waren.

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