Jubiläum der ältesten Messe

Visitor of the Art Cologne 2016 walks by a sculpture in Cologne
Visitor of the Art Cologne 2016 walks by a sculpture in CologneREUTERS
  • Drucken

Zur 50. Ausgabe der ältesten Kunstmesse, der Art Cologne, kehrten einige wichtige Galerien wieder dorthin zurück, wo die Kommerzialisierung begann.

Um zwölf Uhr sperrt die Messe auf. 15 Minuten später sind die Gänge gefüllt. Man kennt sich, steht in Gruppen zusammen, begrüßt freudig die Galeristen, lässt sich beraten, ist begeistert. Die heute, Sonntag, zu Ende gehende Art Cologne ist wie ein großes Familientreffen. Denn das Sammeln von Kunst hat im Rheinland lange Tradition – und das wird heuer gefeiert. Es ist die 50. Ausgabe der Kunstmesse. Heute kann man sich kaum vorstellen, wie radikal der Schritt 1967 aus der Galerie heraus in die öffentliche Verkaufspräsentation war. Damals hagelte es Kritik an der unverhohlenen Kommerzialisierung – die trotzdem in einzigartiger Weise zu einem bis heute weltweit kopierten Erfolg wurde.

Aber nicht immer sah es rosig aus. Kurz nach der Jahrtausendwende befand sich die Art Cologne auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Daniel Hug konnte in seinen sieben Jahren als Messeleiter jedoch wieder ein klares Profil etablieren: Mit 219 Galerien aus 24 Ländern ist es die wichtigste deutsche Kunstmesse, die mit 14 New Positions und 29 New Contemporaries, also Galerien, die nicht älter als zehn Jahre sind, viel zum Entdecken bietet. Als größten Erfolg der diesjährigen Ausgabe nannte Hug die Rückkehr einiger der wichtigsten Galerien: Ex-Kölner Max Hetzler, Rüdiger Schöttle aus München und die Wiener Galerie Krinzinger. Ursula Krinzinger freut sich zwar, wieder am Rhein zu sein, aber gibt sich zurückhaltend: „Deutschland ist ein für österreichische Galerien schwierig einzuordnender Markt.“

Trotzdem nehmen hier elf österreichische Galerien und Kunsthändler teil – mehr als an jeder anderen Messe. Christine König Galerie konnte für die Werke von Andreas Duscha eine der begehrten Förderkojen gewinnen und Andreas Huber zeigt Collagen der Performancekünstlerin Carole Dertnig, in denen sie Ausschnitte aus gefundenen Fotos von Publikumsgruppen mit einer grafischen Struktur kombiniert, die an choreografierte Bewegungen erinnert (ab 5000 Euro) – die Übertragung der Performance-Situation ins Zweidimensionale. Große Nachfrage gab es für die vasenähnlichen Keramiken von Sonia Leimer am Stand der Galerie Nächst St. Stephan. Ein unscheinbarer Schlitz gibt diesen Objekten einen herausfordernden Dreh: „Spardosen“ heißen die Skulpturen, eine humorvolle Antwort auf die Tendenz, Kunst als Investment zu kaufen. Würde die Spardose geleert, wäre sie zerstört.

Bei Nächst St. Stephan hängt auch das stolze 396 x 756 große, farbintensive Werk der in Düsseldorf lebenden Künstlerin Katharina Grosse – es ist das größte Bild der Messe, ein gelungener Blickfang für die Galerie. In scharfem Kontrast dazu hat die Pariser Galerie Perrotin einen trivialen Anziehungspunkt platziert: „Lisa“ liegt dort lebensecht und völlig nackt auf einem Podest (Abb.). An John De Andreas Figur sind aber nur die Haare echt, die Figur ist aus Bronze. Den meisten war die Skulptur eher ein schnelles Foto als eine Nachfrage wert. Einen Verkauf schon wenige Sekunden nach der Voreröffnung teilte dagegen die New Yorker Galerie David Zwirner mit: der riesige, gelb-schwarz gepunktete Kürbis von Yajoi Kusama für 750.000 Dollar – ein Objekt, das es marktfreundlich in verschiedenen Größen gibt. Das kleine Bronzewildschwein von Sherie Levine dagegen wartet noch auf einen Käufer. Vielleicht ist diese Kopie eines Werkes des Pariser Künstlers Victor Chemin aus dem 19. Jh. doch zu harmlos dekorativ, trotz der konzeptuellen Aufladung durch die in den 1980er-Jahren Appropriation genannte Methode der fröhlichen Aneignung.

Handel ist Enttäuschung. Anders als in den vergangenen Jahren ist heuer die Abteilung für Handel und 20. Jahrhundert in der untersten Halle eine Enttäuschung. Zwar finden sich wieder preisgewaltige Werke wie Marc Chagalls „Zirkusszene“ für 5,5 Mio. Euro, aber insgesamt gibt es wenige Höhepunkte. Damit spiegelt sich auch auf der Art Cologne die derzeitige Konzentration auf Zeitgenössisches wider – manchmal mit Überraschungen: Da bietet etwa The Hole aus New York Papierarbeiten von Donald Baechler für nur 9000 Dollar an, obwohl Baechler in den 1980er-Jahren gerade im Rheinland ein Superstar war. Und der Düsseldorfer Kunsthändler Schönewald hat den Maler Heinz Butz wiederentdeckt, der schon in den 1960er-Jahren beeindruckend konzeptuell mit Leinwänden experimentierte.

So gelungen die diesjährige Jubiläumsausgabe der Art Cologne auch ist – ein Wermutstropfen liegt über der Veranstaltung. Denn wegen des späten Ostertermins 2017 wird die Messe nächstes Jahr Ende April kurz vor dem Berliner Gallery Weekend öffnen. Sollen wir uns an dem Wochenende zerteilen?, fragen sich die rund 20 betroffenen Berliner Galerien. Wird es deswegen Absagen geben? Nicole Hackert von CFA sieht das gelassen, und auch Berta Fischer, die seit dem Tod ihrer Mutter 2015 die Konrad Fischer Galerie führt, wird deswegen sicher nicht absagen, erklärt sie, „aber es ist unangenehm“. Hug bleibt ganz unaufgeregt, denn es betreffe ja nur eine geringe Menge der Messeteilnehmer – man werde bestimmt eine Lösung finden. Und die angereisten Sammler werden sich sicher über die Verdichtung im Terminkalender freuen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.