Belvedere: "Neubesetzung aller zentralen Organe"

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PREVIEW DER INSTALLATION ´F LOTUS´ VON AI WEIWEI(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Personelle Entscheidung in der Causa Belvedere: Hussleins Vertrag wird nicht verlängert. Kulturminister Drozda wiederholt die Ausschreibung für eine Doppelspitze ab 2017.

Nach den Querelen der vergangenen Wochen um die Verstöße gegen die hausinternen Compliance-Richtlinien ist das Ende der Ära Agnes Husslein-Arco im Belvedere wohl gekommen: Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) verkündete am Mittwoch die Wiederholung der Ausschreibung für die geplante Doppelspitze ab 1. Jänner 2017.

"Mit der derzeitigen strukturellen, organisatorischen und personellen Konstellation sehe ich nicht die Möglichkeit, den Betrieb wieder in ruhige Bahnen zu führen", so Drozda. Dass Husslein-Arco ihren bis Jahresende laufenden Vertrag noch ableisten werde, sei klar: "Sie wird zweifellos bis Ende Dezember ihre Aufgabe erfüllen." Husslein stehe es natürlich frei, sich wieder zu bewerben. "Ich werde niemanden einladen, aber auch niemanden ausladen." Die Museumschefin wollte am Mittwoch gegenüber der APA keine Stellungnahme und Aussagen über ihre Zukunft abgeben, einzig: "Ich nehme die Entscheidung von Bundesminister Thomas Drozda mit Bedauern zur Kenntnis."

"Neubesetzung aller zentralen Organe"

"Ich werde eine Neubesetzung aller zentralen Organe im Belvedere vornehmen", stellte Drozda klar. Dies schließe nicht nur die Neuausschreibung beider Geschäftsführerposten ein, sondern auch eine Neuaufstellung des Kuratoriums. Dessen Vorsitzender Hans Wehsely tritt als Vorsitzender zurück, seine Agenden übernimmt interimistisch Sektionschefin Andrea Ecker.

Eigentlich hätte die Verkündung der neuen Doppelspitze des Belvederes ab dem 1. Jänner 2017 bereits im Mai passieren sollen. Nachdem dem Kuratorium des Museums aber Verstöße gegen die hausinternen Compliance-Regeln zugetragen worden waren, setzte das Gremium im Juni BDO als externen Wirtschaftsprüfer ein. Der Bestellungsprozess wurde derweilen ausgesetzt.

Am 14. Juli wurde dann der Bericht der Prüfer veröffentlicht, der Verstöße von Husslein-Arco aufzeigte, die von dieser eingeräumt wurden. Zugleich bot die Direktorin an, den entstandenen Schaden zu begleichen, der sich auf kolportiert unter 15.000 Euro belief. Das Kuratorium empfahl demnach, dass Husslein ihren Vertrag bis Jahresende verlängern solle.

"Kunst stand nur mehr am Rande"

Drozda folgte der Empfehlung und bestellte zugleich Dieter Bogner als interimistischen kaufmännischen Geschäftsführer. Harte Kritik äußerte Drozda an jener Summe, die vom Beratungsunternehmen BDO dem Kuratorium in Rechnung gestellt wurde und sich auf gut 130.000 Euro beläuft. Er habe im Laufe seiner Karriere schon viele derartige Gutachten in Auftrag gegeben, die sich von den Kosten her selten überhaupt in einem fünfstelligen Bereich bewegt hätten: "Wie man auf eine sechsstellige Summe kommt, ist mir völlig unbegreiflich." Man werde nun die Diskussion über diesen Preis führen: "Gehen Sie davon aus, dass diese Summe nicht im Ansatz bezahlt wird."

"Zweifelsohne: Das Belvedere wurde in den letzten Jahren mit großem Engagement geführt und es wurden viele bedeutende künstlerische Erfolge erzielt", nahm Drozda auch lobend Bezug auf Ausstellungen von Künstlern wie u.a. Ai Weiwei, Sterling Ruby oder Olafur Eliasson. Dennoch hätten die Ereignisse rund um die Österreichische Galerie Belvedere in den vergangenen Wochen "Energien und Ressourcen gebunden, die sich wenn, dann nur am Rande mit Kunst beschäftigt haben".

Prokuristin muss gehen

Ebenfalls eine Entscheidung gibt es bezüglich der Zukunft der derzeit freigestellten Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik, auf die das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Husslein zurückgeführt wird. "Das Dienstverhältnis mit Frau Gruber wird beendet", stellte Drozda klar.

Der interimistisch amtierende Geschäftsführer Bogner will sicherstellen, dass die neue Geschäftsführung ohne Vorbelastungen arbeiten kann. Bogner hielt fest, dass mit der Einführung seiner Position der Posten der Prokuristin obsolet werde: "Es fällt die Arbeit weg, weil dazu der kaufmännische Geschäftsführer eingesetzt wird." Darüber hinaus betonte Drozda, dass Gruber-Mikulcik durch das Abzeichnen der kritisierten Abrechnungen auch eine Mitschuld treffen dürfte: "Wenn es nach dem 4-Augen-Prinzip abgezeichnet ist, betrifft das beide."

"Eigentümer muss informiert werden"

Die nun notwendigen Reformen sollen allerdings nicht beim Belvedere Halt machen, betonte Drozda. "Ich glaube, 15 Jahre nach der Ausgliederung ist es dringend notwendig, dass wir schauen, ob die Strukturen so passen, ob sie zeitgemäß sind", so Ecker im Bezug auf die damals erfolgte Ausgliederung der Bundesmuseen. Die Ereignisse rund um das Belvedere hätten "unbestritten offengelegt, dass es Struktur- und Informationsdefizite im Zusammenwirken der verantwortlichen Organe gibt", wobei Drozda konkret auf Informationsflüsse zwischen der Geschäftsführung, dem Kuratorium und der Eigentümervertretung Bezug nahm.

Als ein Beispiel nannte er die eigenmächtige Beauftragung der Wirtschaftsprüfer durch das Kuratorium sowie die Tatsache, dass ihm im Anschluss an Kuratoriumssitzungen "nicht einmal ein Protokoll vorgelegt werden konnte". Schließlich trage der Eigentümer die Letztverantwortung "und es ist ein untragbarer Zustand, dass dieser über wesentliche Abläufe und Entscheidungen des jeweiligen Betriebs nicht informiert wird". "Wir müssen unsere Rolle etwas schärfen und besser gestalten", gab Ecker als Parole aus.

Konsequenzen für weitere Kultureinrichtungen

Eine Berichtspflicht soll rasch eingeführt werden. Ganz grundsätzlich solle Ecker eine "einheitliche, effiziente, verlässliche und noch schlagkräftigere Struktur" für die Bundesmuseen schaffen. Im Gespräch ist etwa ein gemeinsamer Wirtschaftsprüfer für alle Bundesmuseen, darüber hinaus soll das Berichtswesen vereinheitlicht werden. Ein großes Vorhaben startet man auch mit der Erarbeitung eines Weißbuchs, die Ecker gemeinsam mit dem ehemaligen mumok-Direktor Edelbert Köb vorlegen soll. Einfließen soll hier sowohl die Erfahrung aller Beteiligten als auch externe Expertise. Diese Entscheidungsgrundlage für den dann folgenden Diskussionsprozess über eine strukturelle Neuaufstellung soll Anfang 2017 vorliegen.

Doch nicht nur für die Bundesmuseen, auch für alle weiteren Kultureinrichtungen des Bundes hat die Causa Belvedere Konsequenzen: So will Drozda der Kritik des Rechnungshofes folgen und eine einheitliche Gehaltspyramide festlegen. Als Richtwert nannte er 200.000 Euro pro Jahr für die wissenschaftliche Leitung (plus/minus 10 bis 15 Prozent je nach Relevanz der Institution) und 125.000 Euro für die kaufmännische Leitung (plus/minus 10 Prozent). Diese Maßnahme soll dann für alle Neubesetzungen gelten.

(APA/Red.)

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