Belvedere: Lentos-Chefin und "Standard"-Geschäftsführer als Doppelspitze

PK ´BESTELLUNG DER WISSENSCHAFTLICHEN UND KAUFM�NNISCHEN DIREKTION DES BELVEDERE 2017 BIS 2022´: BERGMANN/ROLLIG/DROZDA/ECKER
PK ´BESTELLUNG DER WISSENSCHAFTLICHEN UND KAUFM�NNISCHEN DIREKTION DES BELVEDERE 2017 BIS 2022´: BERGMANN/ROLLIG/DROZDA/ECKER(c) APA (HANS KLAUS TECHT)
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Die Stelle von Agnes Husslein-Arco war nach Compliance-Verstößen neu ausgeschrieben worden: Stella Rollig übernimmt die künstlerische Leitung, "Standard"-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann die kaufmännische.

Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) gab heute Vormittag die neue Doppelführung des Belvedere bekannt: Stella Rollig wird künstlerische Leiterin, die neu geschaffene Stelle der kaufmännischen Leitung übernimmt Wolfgang Bergmann. Sie treten die Nachfolge von Agnes Husslein-Arco als Doppelpsitze an. Rollig ist derzeit Direktorin des Linzer Museums Lentos. Bergmann ist Geschäftsführer und im Vorstand der Tageszeitung "Der Standard". Seine Nachfolge in dem Medienhaus ist nun offen, ebenso wie Rolligs  Nachfolge in Linz. 

Insgesamt haben sich 86 Personen für die beiden Positionen der künstlerischen und der kaufmännischen Leitung beworben. 35 Interessenten fanden sich für die künstlerische Position, 51 für die des Geschäftsführers.

Husslein verstieß gegen Compliance-Regeln 

Nötig geworden war die Neuausschreibung nach dem Aufkommen von Hussleins Verstößen gegen Compliance-Regeln des Museums. Ihr Ende 2016 auslaufender Vertrag hätte ursprünglich verlängert werden sollen.

"Habemus Belvedere-Direktion"

"Habemus Belvedere-Direktion", freute sich Drozda in vatikanischen Dimensionen über die getroffene Entscheidung. Dabei müsse man sagen: "Sie ist relativ leicht gefallen." Schließlich hätten beide neuen Leiter große Führungserfahrung.

Zur Person

Die 1960 geborene Wienerin Stella Rollig ist nach zahlreichen Stationen seit 1. Mai 2004 künstlerische Direktorin des Linzer Lentos Kunstmuseum, seit fünf Jahren zusätzlich des Nordico Museums. "Ich freue mich wahnsinnig, nach Wien zurückzukommen", so Rollig.

Rollig begann ihre Laufbahn als Kulturjournalistin, arbeitete beim ORF-Hörfunk und in der Kulturredaktion des "Standard". 1994 gründete sie das "Depot - Kunst und Diskussion" im Wiener Museumsquartier, von 1994 bis 1996 war die studierte Germanistin und Kunsthistorikerin österreichische Bundeskuratorin für bildende Kunst. Für die steiermärkische Landesausstellung "Verkehr" 1999 kuratierte sie die zeitgenössische Kunst, es folgten Arbeiten für das O.K. Centrum für Gegenwartskunst (heute OÖ. Kulturquartier) in Linz sowie für den Steirischen Herbst. 2004 beerbte sie Peter Baum als Chefin des Linzer Kunstmuseums Lentos.

Zur Person

Der 1963 in St. Pölten geborene Wolfgang Bergmann war nach seinem Theologiestudium in Wien zunächst Leiter der Caritas-Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikationsdirektor der Erzdiözese Wien und Gründungsgeschäftsführer von Radio Stephansdom.

Bergmann kam 1999 als Verlagsleiter für Marketing und Vertrieb zum "Standard", 2000 übernahm er die Geschäftsführung. Seit 2008 ist Bergmann auch Vorstand der Standard Medien AG und sei Motor für die Zusammenführung von Print und Online gewesen. Voraussetzung hierfür sei der Abschluss eines neuen Kollektivvertrages gewesen, der von ihm als Verhandlungsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) 2013 abgeschlossen wurde. Die Erweiterung der Produktpalette etwa durch die "New-York-Times"-Beilage oder das Forschungsjournal sowie die 2012 gestartete kleinformatige Ausgabe "Standard-kompakt" geht ebenfalls auf seine Initiative zurück.

Dienstantritt mit 16. Jänner

Die neue Doppelspitze des Belvedere wird ihre Funktionen mit 16. Jänner antreten. Neugierde, Haltung und die Entwicklung einer Vision seien die Säulen, auf denen ein Museum der Zukunft stehen müsse, so die künftige Belvedere-Chefin Stella Rollig. Im Konkreten müsse man das Profil der Belvedere-Standorte schärfen: "Wir können eine größere Klarheit gewinnen, welches Ausstellungshaus wofür steht."

"Das 21er Haus soll noch deutlicher Kunst seit den 1960ern bis zur zeitgenössischen Kunst zeigen", so Rollig, die eine "Beruhigung und Klärung" bei der Zahl und Dauer der Ausstellungen in Aussicht stellte. Während das Untere Belvedere seinen Schwerpunkt auf der Kunst des 19. Jahrhunderts behalten solle, werde man in der Orangerie einen Schwerpunkt auf die Beziehungen Österreichs zu Mitteleuropa legen. Was mit dem Ambrosi-Museum im Augarten geschehe, lasse sich noch nicht sagen, da müsse sie sich erst die Vertragsgrundlage mit der ebenfalls am Standort beheimateten TBA21 ansehen.

Finanzministerium kündigte Winterpalais-Mietvertrag

Das Winterpalais als Ausstellungsstandort des Belvedere dürfte indes ab Ablauf der für 2017 geplanten Schauen Geschichte sein. "Wenn jemand dafür verantwortlich ist, bin es ich - nicht die Frau Rollig", stellte Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) klar. Das Finanzministerium habe den Mietvertrag für die Räumlichkeiten gekündigt und entscheide über die künftige Verwendung: "Ich habe dafür gekämpft, ich habe es ungern zur Kenntnis genommen, aber es war Teil eines Budgetkompromisses. Dass der Kulturminister immer gerne mehr Ausstellungsräume als weniger hat, ist ja keine Frage."

Ein Museum dürfe nie die Bereitschaft aufgeben, von anderen zu lernen und sich auch positionieren, beschied indes die künftige Belvedere-Chefin: "Ich meine, dass Museumsarbeit klar von einer politischen, ethischen Haltung grundiert sein muss", sagte Rollig. Dazu gehöre auch, eine Vision zu entwickeln für eine Welt, in der wir leben wollen. So könne man nicht nur das althergebrachte Erbe verwalten: "Es muss auch das Erbe zukünftiger Generationen gestaltet werden." Dazu gehörten für sie Fragen wie: "Was ist die österreichische, kulturelle Identität im Gefüge der heutigen globalisierten Welt?" Das Museum müsse heute als "Content-Provider" auftreten und wie ein Medienunternehmen verschiedenste Plattformen bespielen: "Ein Museum kann sich nicht darauf beschränken, Ausstellungen zu machen."

Auch Bergmann zeigte sich erfreut, nach Tätigkeiten für die Erzdiözese Wien und die Tageszeitung "Der Standard" nun einen neuen Bereich für sich zu erschließen: "Nach 17 Jahren ist es durchaus auch einmal Zeit, neue Herausforderungen anzunehmen." Er sehe seine Hauptaufgabe als Geschäftsführer im Wesentlichen darin, die künstlerischen Visionen seines Pendants zu ermöglichen. "Das wird in Zeiten knapper Haushalte nicht immer ganz leicht sein", so Bergmann.

"Kompliment an die Partnervermittlung"

Auf die Zusammenarbeit mit Stella Rollig freue er sich in jedem Falle, beschied der künftige Museumsmitarbeiter in Richtung Kulturminister Drozda: "Ich muss das Kompliment an die Partnervermittlung machen - bei unserem ersten Date ist der Funke übergesprungen."

Wer folgt Bergmann im "Standard"?

Standard"-Herausgeber Oscar Bronner bedauert den Abgang seines langjährigen Geschäftsführers und Vorstandes. "Ich gratuliere dem Belvedere zu dieser Entscheidung", so Bronner. Bergmann übernimmt die kaufmännische Direktion des Belvedere, wurde am Montag mitgeteilt. "Jetzt, da ich weiß, zu welcher besonders schönen Aufgabe es ihn zieht, ist mir auch klar, warum ich ihm das Zurücklegen seiner Funktionen nicht ausreden konnte", meinte Bronner. Ihn ziehen zu lassen, "kann 'Der Standard' wohl als Sponsorship für diese kulturelle Institution verbuchen", so der Herausgeber weiter.

Ob und wann bekannt gegeben wird, wer Bergmann als Geschäftsführer nachfolgt, ist noch unklar.  Ein Nachfolger Bergmanns wurde noch nicht bekannt gegeben, so Bronner. Neben Bergmann fungierte zuletzt Bronners ältester Sohn Alexander Mitteräcker als "Standard"-Vorstand.

(Red./APA)

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