Tefaf goes New York

Jusepe de Riberas „Aesop“ ist bei der Wiener Galerie Sanct Lucas im Angebot.
Jusepe de Riberas „Aesop“ ist bei der Wiener Galerie Sanct Lucas im Angebot.(c) Sanct Lucas
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Die bedeutendste Messe für Kunst und Antiquitäten, die Tefaf, hat den Sprung über den großen Teich gewagt und gibt noch bis 26. Oktober ihr Debüt in New York.

Der Name Tefaf (The European Fine Art Fair) ist für den Kunst- und Antiquitätenbereich das, was die Art Basel für moderne und zeitgenössische Kunst ist. Im Gegensatz zur Art Basel, die ihre Expansion schon 2002 begann, wagte die Tefaf erst heuer den Sprung über den großen Teich. Am Freitag öffnete die Tefaf Fall New York zum ersten Mal ihre Tore in der Park Avenue Armory. Vor rund 30 Jahren in Maastricht gegründet, hat sie es trotz der ungewöhnlichen Ortswahl geschafft, zur unbestritten bedeutendsten Messe für Antiquitäten, Kunst und Kunsthandwerk zu werden. Doch mit der immer stärkeren Fokussierung des Kunstmarktes auf zeitgenössische Kunst und einer schrumpfenden Anzahl an Sammlern von alter Kunst und Antiquitäten in Europa, sah sich die Messe gezwungen, nicht zuletzt dem steigenden Druck der Tefaf-Händler nachzugeben und nach New York zu gehen. Die USA und insbesondere New York können in einem mittlerweile global rückläufigen Kunstmarkt immer noch zulegen. Die Amerikaner kaufen weltweit gesehen am meisten Kunst. Nach Maastricht kommen aber maximal 2000 bis 2500 der insgesamt gut 70.000 Besucher, die die Messe verzeichnet. Mit der steigenden Terrorgefahr könnten es noch weniger werden.

Im vergangenen Winter war es dann so weit. Die Tefaf tat sich mit der Kunstberatungsfirma Artvest zusammen, die die Rechte an gleich zwei New Yorker Messen besaß: der Spring Masters New York und der International Fine Art & Antiques Show. Letztere gibt bereits jetzt unter dem neuen Namen Tefaf New York Fall ihr Debüt. Im Frühjahr folgt dann die Tefaf New York Spring, die sich allerdings im Gegensatz zur Tefaf Fall auf moderne und zeitgenössische Kunst sowie Design konzentrieren wird.

Museale Qualität. Der Tefaf ist es gelungen, den extrem hohen Qualitätsstandard auch nach New York zu bringen. Zu den spektakulärsten Objekten der Messe zählt eine der ersten Karten, auf der der New Yorker Hafen eingezeichnet ist. Angefertigt wurde sie 1531 in Blattgold und Wasserfarben auf Vellum, einer feinen Pergamentart aus Ziegenleder, vom italienischen Kartografen Vesconte Maggiolo. Der Händler Daniel Crouch Rare Books bietet sie nun für zehn Millionen Dollar an.

Ein ähnliches Kunststück gelang dem holländischen Händler Kunstgalerij Albricht, der einen neu entdeckten Vincent van Gogh anbieten kann. 50 Jahre befand sich das Gemälde, das die Nieuwe Kerk in Den Haag zeigt, in Privatbesitz. Auf der Tefaf wird das Werk nun für 2,1 Millionen Dollar angeboten. Eine weitere Neuentdeckung hat Littleton & Hennessy, Spezialist für asiatische und ethnografische Kunst, im Programm. Er konnte ein bisher falsch zugeschriebenes Gemälde der chinesischen Yuan-Dynastie identifizieren. Das Gemälde zeigt den Vairocana Buddha und ist im Auftrag des vierten Kaisers von China, Qiánlóng, entstanden. Die richtige Zuschreibung gelang, nachdem ein fast identisches Werk in der Sammlung des Palastmuseums in Taipei gefunden wurde. Qiánlóng war als großer Kunstliebhaber und Sammler bekannt. Der Preis für diese Rarität beträgt 3,5 Millionen Dollar.

Die Messe war auch seit jeher ein Umschlagplatz für antike Kunst in musealer Qualität. In New York überzeugt die Safani Gallery mit einem ägyptischen Sarkophag von Prinzessin Sopdet-em-Haawt, 828 bis 712 v. Chr., der im frühen 19. Jahrhundert nach Napoleons Ägyptenfeldzug nach Frankreich kam. Eine eindrucksvolle Holzfigur des Buddhisten Wei Tuo Pusa aus der frühen Ming-Dynastie steht am Stand von Vanderven Oriental Art. Wei Tuo Pusa war ein beliebter Schutzheiliger, der böse Geister vertrieb. 275.000 Dollar kostet die Figur.

Eine weitere Sparte, die Seltenheitswert hat und auf der Tefaf vertreten ist, sind Wunderkammerobjekte. In der Renaissance begannen Aristokraten und Wissenschaftler, exotische Artefakte aus fernen Ländern zu sammeln. Darunter befanden sich so unterschiedliche Objekte wie Silber- und Goldschmiedearbeiten unter Verwendung von Korallen, Perlen und Bergkristallen, Tierpräparate, große Muscheln, Nautiluspokale, gefasste Straußeneier, Narwalzähne als Hörner des Einhorns, Elfenbeinschnitzereien, mathematisch-physikalische oder chirurgische Instrumente, optische und Spiegeleffekte, Spielautomaten, Astrolabien, Erd- und Himmelsgloben, seltene Gläser oder Miniaturkunstdrechseleien. Im Zentrum des Interesses stand eine Faszination für Raritäten und Kuriositäten. Zu den profundesten Jägern und Kennern von Wunderkammerobjekten gehört der Deutsche Georg Laue. Er hat sich zusammengetan mit dem Händler Julius Böhler und der Blumka Gallery, um gemeinsam auf der Messe statt eines herkömmlichen Standes eine echte Wunderkammer entstehen zu lassen. Sie nahmen dafür ein Gemälde von Georg Hinz aus dem 17. Jahrhundert, das die Hamburger Kunsthalle zeigt, als Vorlage. Geboten werden ein Schachspiel aus Bernstein, eine Automatenuhr mit Mohr samt Hund und Äffchen, die zur vollen Stunde springen, und eine Pferdebronze.

Aus Österreich ist von den Händlern, die in Maastricht teilnehmen, nur der Altmeisterspezialist Roman Herzig von der Galerie Sanct Lucas nach New York gekommen. Er bietet unter anderem ein Gemälde von Jusepe de Ribera, das Aesop zeigt, für 650.000 Euro an.

Im Vorfeld hatten sich auch die anderen Händler interessiert gezeigt, aufgrund der Messedichte im Herbst haben sie sich aber wohl gegen New York entschieden. Auch die deutlich höheren Kosten allein durch Transport und Versicherung dürften bei der Entscheidung mitgespielt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2016)

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