Farbe und „Verweißung“

Das Wiener Dorotheum versteigert am 22. November im Rahmen der Auktionswoche das Werk „Rosso Nero“ von Tano Festa aus dem Jahr 1961. Der Schätzwert beträgt 150.000 bis 200.000 Euro.
Das Wiener Dorotheum versteigert am 22. November im Rahmen der Auktionswoche das Werk „Rosso Nero“ von Tano Festa aus dem Jahr 1961. Der Schätzwert beträgt 150.000 bis 200.000 Euro.(c) Dorotheum
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Das Dorotheum versteigert in der Auktionswoche zeitgenössische Kunst und Klassische Moderne. Das Angebot ist diesmal besonders international.

Die Künstlergruppe Zero wird nach einem internationalen Höhenflug derzeit auch in Wien groß in Szene gesetzt. Nach Verkaufsausstellungen im Palais Schönborn-Batthiany durch die Galerie Wienerroither & Kohlbacher sowie in der neuen Niederlassung der deutschen Galerie Beck & Eggeling ist sie auch im Wiener Dorotheum bei der letzten Auktionswoche des Jahres prominent vertreten. Der Kunstmarkt hat vor einigen Jahren die Künstlergruppe entdeckt. Das liegt auch daran, dass Museen weltweit die Zero-Kunst mit ihrem Spiel aus Licht und Schatten groß feiern. 2014 machte etwa das New Yorker Guggenheim-Museum eine große Ausstellung, die danach in den Martin-Gropius-Bau nach Berlin und von dort ins Amsterdamer Stedelijk-Museum weiterging. Seither sind die Preise im Höhenflug, wobei es von den deutschen Zero-Künstlern bisher nur Günther Uecker geschafft hat, die Millionengrenze zu durchbrechen. Er ist auch im Dorotheum mit einem Nagelbild vertreten. „Raum zerteilter Vorstellung“ aus dem Jahr 1982 kommt mit einem Schätzpreis von 40.000 bis 60.000 Euro unter den Hammer. Adolf Luther ist unter anderem mit einer Hohlspiegelobjekt-Arbeit um 30.000 bis 40.000 Euro in der Auktion. „Verweißung“ heißt das Werk von Herbert Zangs, das aus seiner nur sehr kurzen Schaffenszeit stammt, in der er bei der Erstellung der weißen Bilder im Sinne des Action Painting agierte und die Farbe durch Tropfen oder Spritzen auf den Untergrund aufbrachte. Mit seiner mono- oder polychromen seriellen Arbeit ist er nicht nur einer der Vorreiter des deutschen Informel, sondern greift auch dem Grundgedanken von Zero vor. Das Werk soll 40.000 bis 60.000 Euro einbringen.

Italien-Connection. Stark vertreten sind im Dorotheum, seit das Auktionshaus Niederlassungen in Italien hat, die Avantgarde-Werke der 1960er-Jahren. Poetische Arbeiten von Paolo Calzolari, einer Schlüsselfigur italienischer und internationaler Kunst, führen geradewegs in Richtung Arte Povera und Konzeptkunst. Allen voran hat Lucio Fontana in Wien bei Auktionen Erfolge gefeiert, auch diesmal ist er dabei mit „Concetto spaziale, Teatrino“, für das mit einem Preis von 200.000 bis 300.000 Euro gerechnet wird. Klassisches Tafelbild und Raumkonzept verbinden die Avantgardisten Enrico Castellani, Paolo Scheggi, Agostino Bonalumi und Dadamaino. Castellanis „Superficie bianca“ kommt beispielsweise mit einer Taxe von 250.000 bis 350.000 Euro zum Aufruf. Wie man Zement und Eisen poetische Qualitäten abgewinnen kann, zeigt Giuseppe Uncini in seiner Arbeit „Cementarmato“ aus dem Jahr 1959, das auf 150.000 bis 200.000 Euro geschätzt wird.

Stars aus Österreich. Natürlich spielen im Dorotheum auch die österreichischen Künstler eine wichtige Rolle. Zu den Stars, die auch international reüssieren, gehören Arnulf Rainer, Erwin Wurm, Heimo Zobernig, Franz West und natürlich Maria Lassnig. Sie alle sind auch in Angeboten der Auktionswoche zu finden. Letztere ist auch gerade international sehr gefragt und in diversen Ausstellungen zu sehen, darunter etwa bei der Galerie Hauser Wirth & Schimmel in Los Angeles und in einer umfangreichen Retrospektive in der Tate Liverpool, die jetzt auf Europa-Tour geht. Den höchsten Preis für ein Werk Lassnigs erzielte übrigens das Dorotheum 2014 für „Wald“, das 491.000 Euro einbrachte. Nächste Woche kommt von ihr unter anderem „Ohne Titel (Berge)“ mit einem Schätzpreis von 70.000 bis 120.000 Euro zum Aufruf.

Franz West widmet ab Dezember das 21er Haus die Ausstellung Artistclub. Im Dorotheum kann man unter anderem seine Arbeit „Sailor“ ersteigern, die 40.000 bis 60.000 Euro wert sein soll. Der bisher höchste Preis für ein Gemälde von West wurde mit 83.810 Euro 2006 von Phillips de Pury erzielt. Schließlich sei an dieser Stelle noch Arnulf Rainer erwähnt, dessen Arbeit „Zentralgestaltung“ noch mit dem knurrenden „TRRR“ der „Hundsgruppe“ signiert ist, deren Mitglied er damals war. Der Schätzpreis beträgt 190.000 bis 230.000 Euro. Der aktuelle Rekordpreis für Rainer liegt bei 230.000 Euro, erzielt vom Auktionshaus im Kinsky 2012 für die Arbeit „Große Vertikalgestaltung“. So gesehen hat dieses Werk eine gewisse Chance einen neuen Höchstpreis zu erzielen.

In der Auktion mit Klassischer Moderne, die am 23. November stattfindet, ist der Höhepunkt sicherlich ein Blumstrauß von Marc Chagall. „Fleurs“ aus dem Jahr 1924 ist ein schönes Beispiel von Naturstudium und einer Abstraktion und Figuration verbindenden Malweise. Wenn er ein Bouquet male, sagte Chagall, dann sei es, als würde er eine Landschaft malen. Das sei für ihn Frankreich. Der Schätzpreis beträgt 750.000 bis eine Million Euro. Ebenfalls in der Auktion ist Albin Egger-Lienz „Madonna“. Eine Laterne im Vordergrund gibt diesem Werk einen besonders ausdruckstarken Hell-Dunkel-Kontrast. Die Taxe liegt bei 100.000 bis 160.000 Euro. Ergänzt wird das Angebot mit Werken von Max Ernst, Paul Klee und Giorgio de Chirico.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2016)

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