Ausstellung: Gott und ihre Weiblichkeit

Ursula Beiler, 2009, Kunst im öffentlichen Raum, ursprünglicher Aufstellungsort der Tafel: Autobahn A12, Auffahrt Kufstein Nord
Ursula Beiler, 2009, Kunst im öffentlichen Raum, ursprünglicher Aufstellungsort der Tafel: Autobahn A12, Auffahrt Kufstein Nord(c) Asfinag
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Das Jüdische Museum Hohenems sucht in einer neuen Ausstellung nach der weiblichen Seite Gottes – und geht fragmentarisch der Frage nach, wie Er zu einem Er wurde.

Aus der Serie „Maternal Torah – Torat Imecha“ London, 2000
Aus der Serie „Maternal Torah – Torat Imecha“ London, 2000Ben Uri Collection, London
Aschera-Figur mit fast vollständig erhaltener Bemalung. Judäa, Eisenzeit.
Aschera-Figur mit fast vollständig erhaltener Bemalung. Judäa, Eisenzeit.(c) Katalog

Die Rolle Gottes in der weiblichen Sphäre der monotheistischen Welt nach der Aufklärung hat Jacqueline Nicholls trefflich materialisiert. Ihr Korsett aus fein gewebtem Sinamay-Stoff ist seinen Proportionen nach dem Frauenkörper nachempfunden, gleichzeitig hat Nicholls lose Elemente einer Tora-Rolle angefügt, das sind feine Fransen am oberen Ende, direkt über der Brust. Die Tora im Leben der gläubigen Frau, wie sie die britische Künstlerin mit ihrer Reihe „Maternal Torah“ charakterisiert, „definiert den Körper und gibt ihm Form. Es kann [. . .] stützen und ermöglicht damit der Trägerin, aufrecht zu stehen [. . .]. Doch das Korsett engt und schränkt auch ein; es zieht den Oberkörper zusammen, um zwar eine gewisse, jedoch keine völlig freie Bewegung zu erlauben.“


Nicholls Korsett lässt unterschiedliche Betrachtungen zu, die die praktische Religionsausübung von Frauen betreffen. Durch die Anlehnung an die Form der Tora schafft sie aber auch Raum für die Frage, ob und wie viel Weiblichkeit im monotheistischen Gott des Judentums, in der Folge auch des Christentums und des Islam steckt. Die weibliche Seite Gottes – dieser Ansatz mag provokant klingen, aber das ist nur auf die historische Erfahrung der drei Buchreligionen zurückzuführen. Denn in ihren Ursprüngen war die weibliche Definition der Gottheit viel wahrnehmbarer, als wir es heute gewohnt sind. Beginnend vielleicht mit der Verehrung der Göttin Ashera, als Jahwe noch nicht als allumfassender Gott angenommen wurde, bis hin zu Shekhina, der zunächst explizit femininen Charakterisierung der Anwesenheit Gottes beim Volk Israel.

Von Isis zu Maria

Dieser weiblichen Seite Gottes widmet sich die aktuelle Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems, erlesen kuratiert von Michaela Feurstein-Prasser und Felicitas Heimann-Jelinek (bis 8. Oktober). Bevor sie aber zu Ashera und Shekhina kommen, erinnern die Kuratorinnen an antike weibliche Göttinnen. Aufschlussreich ist insbesondere die Bronzefigur der Isis lactans (1. Jahrtausend v. Chr.): Die aus der ägyptischen Mythologie stammende Göttin wird stillend und mit dem Knaben Horus dargestellt. Nach dieser Ikonografie richtete sich später die Darstellung der Maria lactans, wie Feurstein-Prasser beschreibt. Nun, die Bibel lässt Frauen freilich nicht aus. Mirjam, Judith, Esther, Deborah – sie alle sind als Schlüsselfiguren auszumachen, aber ihre Präsenz ist marginal. Gott als Weiblichkeit, im Sinne eines komplett gleichwertigen Pendants zum Männlichen, wurde nicht verschriftlicht. „Der biblische Gott“, schreibt die Philosophin Rachel Elior im Begleitkatalog der Ausstellung, „spricht, beschreibt, befiehlt, erzählt und dichtet, handelt und verheißt überall, wo er erwähnt wird, ausschließlich in der maskulinen Form und lässt keinerlei Zweifel an der ausdrücklich männlichen Identität des Sprechers aufkommen“.

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