Wagner und die alte Kunst

Hochzeitsbildnis Martin Luthers von Lucas Cranach dem Älteren. Zu finden beim Kunsthandel Walter Senger.
Hochzeitsbildnis Martin Luthers von Lucas Cranach dem Älteren. Zu finden beim Kunsthandel Walter Senger.(c) Senger Bamberg Kunsthandel
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Die Bamberger Kunsthändler bündeln im Sommer die Kräfte und nützen die Nähe zu den Bayreuther Wagner-Festspielen, um kaufkräftige Kunden anzulocken.

Die mittelalterliche Domstadt Bamberg mit ihrem Residenzschloss hoch über der Altstadt bietet den sprichwörtlichen fürstlichen Rahmen für edle Möbel und alte Meister. Im Sommer hat man dank des benachbarten Bayreuth mit seinen weltbekannten Wagner-Festspielen internationale Klientel in der Region, die angelockt werden soll. So haben sich die Kunst- und Antiquitätenhändler und das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia zusammengeschlossen und veranstalten vom 21. Juli bis 21. August die Bamberger Kunst-und Antiquitätenwochen.

Die Händler bündeln die Kräfte, zumal die Sparten auf dem Kunstmarkt rückläufig sind. Mobiliar wird immer schwerer zu verkaufen, die Preise fallen, außer es handelt sich um ganz außergewöhnliche Raritäten. Die Zeiten, in denen sich Sammler ganze Häuser oder Wohnungen mit Antiquitäten eingerichtet haben, sind lang vorbei. Die zeitgenössische Kunst läuft auch Altmeistern und Kunsthandwerk zunehmend den Rang ab. Solche Initiativen für gemeinsame Vermarktungsaktivitäten finden sich auch international immer öfter. In London findet etwa die Art Week statt, die sich heuer ebenfalls neu aufgestellt hat.

Sieben Jahrhunderte. Im Umkreis von 500 Metern liegt unterhalb des Bamberger Domberges das Antiquitätenviertel. Bamberg hat erstaunlich viele Kunst- und Antiquitätengeschäfte. Das ist historisch begründet. Bamberg blieb im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont, daher gab es hier noch viel Ware. Gleichzeitig gab es eine starke Kaufkraft durch den amerikanischen Stützpunkt, und Amerikaner hatten Freude an Antiquitäten. Der Bamberger Händler Walter Senger berichtet beispielsweise von alten Uhren, die damals besonderen Absatz fanden und sich so nach und nach ein Markt entwickelte. Heute können Interessierte durch das Barockzentrum flanieren und Kunst genießen. Geboten werden Kunst und Kunsthandwerk aus sieben Jahrhunderten. Vieles hat hochkarätige Qualität, einiges regionalen Charme, und manches fällt in die Sparte Kuriosität.

Doch insgesamt genießt der Bamberger Kunsthandel einen guten Ruf. Zu den international anerkanntesten Händlern gehört beispielsweise Walter Senger. Er ist langjähriger Aussteller bei der wichtigsten internationalen Kunst- und Antiquitätenmesse, der Tefaf in Maastricht, sowie auf der Masterpiece in London und der Cologne Fine Art. Bei den Kunst- und Antiquitätenwochen zeigt er in seinem Gewölbekeller gotische Skulpturen, wie etwa eine Maria mit Kind aus Salzburg um 1420, aus Lindenholz gearbeitet. Sie ist ein gutes Beispiel für die spätgotischen Madonnenskulpturen, jener Epoche, die in der Kunstgeschichte als „Weicher Stil“ bezeichnet wird und durch den Typus der „Schönen Madonnen“ geprägt war. Diese Skulptur ist gleichzeitig das älteste Objekt im Angebot. Neben diesem Schwerpunkt hat Senger Möbel des 18. bis 20. Jahrhunderts sowie ein Hochzeitsbildnis Martin Luthers. Anlässlich der Vermählung Luthers mit Katharina von Bora malte Luthers väterlicher Freund Lucas Cranach der Ältere eine Reihe von Paarbildnissen der Brautleute. Inspiriert von den Münzen der Antike und den Geschenkmedaillen seiner Zeit entstanden die ersten kleinformatigen Rundbildchen in der deutschen Kunst. Das Wappensiegel auf der Rückseite verweist auf großherzoglich mecklenburgische Provenienz. Senger hat neben dem ältesten auch das wertvollste Stück im Angebot: ein kleines Triptychon aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, mit Mariä Verkündigung auf der Außenseite und Geburt Christie sowie Anbetung der Könige auf der Innenseite.

Der Schwerpunkt des Angebots von Christian Eduard Franke sind Möbel aus sechs Jahrhunderten. Zu den Besonderheiten gehören die seltenen Braunschweiger Barockmöbel, aber auch eine Louis-XV-Kommode aus Paris, um 1750 von Jacques Dubois, einem der wichtigsten Kunstschreiner im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Weiters hat Franke ein japanisches Lackkabinett, um 1700, im Programm, das mit aufwendiger Lackmalerei und Perlmutteinlagen verziert ist.

Das Haus Wenzel ist eigenen Angaben zufolge die älteste Kunsthandlung in Bamberg. Matthias Wenzel bietet Möbel des 17. bis 19. Jahrhundert sowie Gemälde alter Meister.

Skandinavisches Silber. Im Segment Kunsthandwerk findet man bei Silberkontor Heiss vorrangig skandinavisches Silber aus der Zeit des Jugendstils sowie deutsche und englische Silberobjekte und Silberschmuck. Julia Heiss hat eine besondere Vorliebe für Silber von Georg Jensen. Jensen war ein dänischer Silberschmied und Künstler, dessen Silberschmiedearbeiten in funktionellem Stil das Industriedesign der skandinavischen Länder mitgeprägt haben. Er war auch Gründer der renommierten Silberfirma Georg Jensen, und 1924 eröffnete er sogar eine Filiale an der Fifth Avenue in New York. Wer ein kleines Budget hat, ist ebenfalls bei Heiss richtig. Denn sie hat auch Silberschmuck ab 25 Euro im Angebot.

Erwähnt sei noch das Kunsthaus Schlosser, das über ein breites Spektrum von Antiquitäten bis zur Gegenwartskunst verfügt. Im barocken Palais macht Schlosser zudem drei Auktionen pro Jahr. Am 28. und 29. Juli findet die 74. Auktion statt, bei der unter anderem eine Skulptur des österreichischen Bildhauers Gustinus Ambrosi zum Aufruf kommt. Es handelt sich um eine verkleinerte Fassung des 1917 entstandenen Kolossalwerks „Promethidenlos“ aus Carrara-Marmor, das sich heute im Gustinus-Ambrosi-Museum in Wien befindet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2017)

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