Prado: Die Propagandaschlacht der Habsburger

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"Die Kunst der Macht", eine Fülle von Prunkwaffen und Bildern. Gezeigt wird, wie raffiniert Kaiser Karl V., König Philipp II. von Spanien und seine Nachfolger ihre Souveränität zur Schau stellten.

Die schriftlichen Anweisungen von 1625 und 1628 an das Zeughaus in Madrid waren knapp; man möge den Herren Velázquez und Rubens Zugang zu jenen Objekten gewähren, die für sie erforderlich seien. Waren die beiden Barockmaler für die spanischen Habsburger unter die Krieger gegangen? Nein, sie liehen sich auch nicht richtige Waffen aus, sondern vor allem Prunkrüstungen, die in großen Gemälden zur höheren Ehre der siegreichen Herrscher abgebildet werden sollten. Die erfolgreichen Waffengänge von Mühlberg, Lepanto oder Saint Quentin waren bereits in einer künstlerischen Propagandaschlacht verwertet worden, die alten Rüstungen tauchten aber noch bis zum Ende der spanischen Habsburgerdynastie 1700 in Gemälden als Machtsymbole auf.

Im Prado sind nun 35 Herrscherbilder und 31 Rüstungen (auch mit Leihgaben aus Kunsthistorischem Museum und Albertina) Seite an Seite zu sehen, in der Schau „El arte del poder. La Real Armería y el retrato de corte“ im 2007 eröffneten neuen Trakt. Die Ausstellung macht deutlich, wie systematisch Kaiser Karl V. (1516/20–1556), sein Sohn König Philipp II. (1556–1598) sowie dessen königliche Nachfolger in der Darstellung ihrer Souveränität vorgingen. Jedes Detail hatte seine tiefere Bedeutung.

Rom, antik und katholisch

Der gleich am Anfang der Schau gezeigte Paradehelm, den der Mailänder Filippo Negroli für Karl V. 1533 anfertigte, mit vergoldeten Locken und Bart, mit naturalistisch anmutenden Lippen und Ohren, hat einen auf Rom verweisenden Siegeskranz, als Halsband den Orden vom Goldenen Vlies, der zugleich auf griechische Mythen und neuzeitliches Rittertum verweist. Mit diesem Helm paradierte ein höchster Herrscher der Christenheit. „Solche Prunkgegenstände kosteten ein Mehrfaches der teuersten Gemälde dieser Zeit, nur die Tapisserien waren noch teurer“, sagt Kurator Álvaro Soler del Campo, Direktor der Königlichen Waffenkammer in Madrid, die in ihrem Reichtum nur mit jener in Wien, der Hofjagd- und Rüstkammer, zu vergleichen ist. Bis zu zwei Jahre arbeiteten die kunstfertigen Schmiede in Landshut, Augsburg oder Mailand an solch prächtigen Rüstungen.

In einem Raum, der die Schlacht von Mühlberg (1547) thematisiert, sind Rüstung, Waffen, Gemälde und Tapisserien erstmals zusammengeführt; das Gemälde von Tizian, das Karl V. zu Pferd mit Lanze zeigt (1548), dessen Armee den Schmalkaldischen Bund eben besiegt, die ziselierte, anspielungsreiche Rüstung, die Desiderius Helmschmid bereits 1544 nach Schlachten gegen Türken und Franzosen zum Ruhm des Kaisers angefertigt hatte, die originale Lanze, die Pistolen, die auch im Bild dargestellt sind, und ein gigantischer Wandteppich aus Brabant von 1554, über die Besichtigung der Truppen in Barcelona, mit derselben Rüstung. Solch beinahe kultische Objekte wurden in Prozessionen der Macht verwendet.

Ein Bürokrat als Krieger

Eindrucksvoll bis ins Detail sind auch die Rüstungen für Philipp II., der zu Lebzeiten des Vaters häufig als Krieger dargestellt wurde – der er aber nicht war –, zum Beispiel als Sieger der Seeschlacht bei Lepanto. Die hatte die christliche Flotte 1571 unter Don Juan de Austria gewonnen. Bei Tizian sieht man 1573/77 den triumphierenden Philipp in Rüstung, der dem Himmel einen Prinzen darbietet, mit einem gefesselten türkischen Gefangenen zu Füßen. Lebensnaher ist Sofonisba Anguissolas Gemälde Philipps in schwarzem Rock, mit schwarzem Hut (1564/5 oder 1573), als Bürokrat sozusagen. Nur das Goldene Vlies weist auf seinen hohen Rang hin, und der Rosenkranz in seiner Hand subtil auf den Sieg gegen die Türken.

Unter Philipps Nachfolgern waren Rüstungen und ihre Präsentation in Gemälden bald jedoch wieder en vogue, bei Rubens oder Velazquez, als unzeitgemäße Insignien von Siegertypen, die Philipp III., IV. und Karl II. beileibe nicht waren. Am Schluss noch eine Skurrilität, wie ein zynisches Zitat der Habsburger: Der Bourbone Karl III. trägt im Gemälde von Anton Raphael Mengs (1761) Rüstung – als wolle er ins Lusthaus gehen.

Bis 23.Mai im Museo Nacional del Prado. Tägl. außer Mo, 9–20h, am 1.5. geschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2010)

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