"Whores’ Glory": Das Buch vom Strich

Michael Glawogger hat mit "The Whores’ Glory" einen Dokumentarfilm über Prostitution gedreht. Und gleichzeitig in einem Bildband seine Entstehung aufgezeichnet.

TIPP

Ich habe mich oft gefragt, ob es ein Bild zur Prostitution gibt“, schreibt Regisseur Michael Glawogger als ersten Satz des Vorwortes zu seinem Fotobuch „Whores’ Glory“. Der gebürtige Grazer Glawogger, zweifellos der nach wie vor überraschendste Filmemacher in Österreich, ist in seiner Pendelbewegung zwischen Dokumentarfilmen wie „Megacities“ und Spielfilmen wie zuletzt „Contact High“ und „Das Vaterspiel“ wieder beim Dokumentarischen angekommen: „Whores’ Glory“ zeigt in Form eines Triptychons drei höchst unterschiedliche Schauplätze der Prostitution. Im „Fishtank“ im buddhistischen Thailand sitzen die Frauen hinter einer Glasscheibe wie im Aquarium, die Freier wählen nach Blickkontakt per Nummer aus. Die „Stadt der Freude“ im islamischen Bangladesh ist ein riesiges mehrstöckiges Bordell-Matriarchat mit Hunderten von Prostituierten und ihren Kindern auf engstem Raum, geleitet vom „Rat der Mütter“. Durch die „Zona“ im katholischen Mexiko, nahe der texanischen Grenze, kreisen die Freier mit dem Auto langsam über eine Dreckstraße, während sie Ausschau halten.

„Whores’ Glory“ schildert die Rituale der (käuflichen) Liebe in verschiedenen Kulturkreisen, Religionen und Ökonomien, der Triptychon-Ansatz liefert gemäß der klassischen Altarbild-Konzeption eine Bewegung vom Paradies im ätherischen Segment des sterilen Thailand-Fishtanks über das Chaos der Welt im Haus der Freude bis in die Hölle der todesnahen Zona, wo irritierenderweise die Leidenschaft am stärksten pulsiert.

Das Buch zum Film. Wie schon bei seinem 2005 vorgestellten Schwerarbeit(er)-Weltbild „Workingman’s Death“ hat Glawogger im Zuge der mehrjährigen Arbeit am neuen Film eine umfangreiche Materialsammlung zusammengetragen: Der Bildband „Whores’ Glory“ erscheint eine Woche vor dem Filmstart am 2. September und kombiniert ausdrucksstarke Fotos mit unterschiedlichsten Texten. Das Buch spiegelt den Entstehungsprozess des Films, und liefert wie dieser nicht ein Bild zur Prostitution, sondern viele. Und sie sind ebenso vielsagend wie widersprüchlich.

Michael Glawogger: "Whores’ Glory: Ein Triptychon zur Prostitution" (Orange Press), 256 Seiten

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