Leopold Museum: Das bisher Verborgene enthüllen

(c) Leopold Museum, Wien (Manfred Thumberger)
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Das Leopold Museum stellt in der Jubiläumsausstellung "Klimt persönlich" den Meisterwerken von Gustav Klimt Originalzitate des Künstlers gegenüber.

135 Millionen Dollar. Das ist der kolportierte Preis, der 2006 für die davor aus Wien restituierte „Goldene Adele“ gezahlt wurde. Allerspätestens seit damals und seit diesem unglaublichen Rekordwert darf man Gustav Klimt als tatsächlich einen der weltweit bekanntesten und beliebtesten Künstler bezeichnen. Der Meister selbst, der am 14. Juli 1862 in Baumgarten bei Wien geboren wurde, hätte über diesen Betrag vermutlich auch gestaunt. Und was er empfunden hätte angesichts des gewaltigen Feuerwerks, das man zur 150. Wiederkehr seines Geburtstages zündet, auch darüber kann nur spekuliert werden. Erfolgreich war er, verehrt wurde er auch schon zu Lebzeiten, dennoch berichtet der Kunsthistoriker Hans Tietze 1919 unter dem Titel „Gustav Klimts Persönlichkeit. Nach Mitteilungen seiner Freunde“: „Die Umstände haben Klimt an einen lärmenden Platz im Wiener Kunstleben gestellt, aber er war im Grunde ein scheuer Mensch, dem vor allem In-die-Öffentlichkeit-Treten graute. . . Hinter die Mauer, die Klimt um sich errichtet hatte, haben auch seine Freunde kaum jemals blicken dürfen.“

Phänomen Gustav Klimt

Wer also war der Mensch Gustav Klimt? Welche Schlüsse lassen sich aus der Person für sein Werk ziehen? Das Leopold Museum wagt zum Jubiläum einen intensiven Blick hinter diese Mauer, und zeigt von 24. Februar bis 27. August „Klimt persönlich“. Das Museum fügt diesem Titel auch noch die Schlagworte „Bilder – Briefe – Einblicke“ hinzu und umreißt damit Instrumente wie Strategie, um in dieser großen Überblicksausstellung dem Phänomen Gustav Klimt und seinem Schaffen neue Aspekte abzugewinnen.

Die Ausstellung zeigt Hauptwerke Gustav Klimts, darunter prominente Leihgaben wie den „Goldenen Ritter“ aus dem japanischen Nagoya oder aus Privatbesitz die Ansicht des Schönbrunner Parks, eines der Lieblingsaufenthaltsorte Klimts. Es ist dies die einzige Wiener Klimt-Landschaft: Aus der Neuen Galerie New York kommt die „Große Pappel I“, und ermöglicht einen Vergleich mit der „Großen Pappel II“ des Leopold Museums. Gerade im Jubiläumsjahr 2012 war es besonders schwierig, diese hochkarätigen Leihgaben zu erhalten. Die gute Vernetzung des Hauses war in diesem Fall besonders wertvoll. Den Meisterwerken Klimts werden 20 ausgewählte Zitate gegenübergestellt. Klimt kommentiert sein Werk persönlich. Ergänzend zeigt ein sich durch die Ausstellung schlängelndes Vitrinenband die Korrespondenz, die Klimt an seine Lebensfreundin Emilie Flöge gerichtet hat. Sie bildet den roten Faden der Ausstellung, und räumt mit dem Vorurteil auf, Klimt habe schriftlich nichts Relevantes hinterlassen. Die Ausstellung setzt 1897 an, in dem Jahr, in dem die Wiener Secession gegründet wird, mit Klimt als einem ihrer Gründungsväter. Es ist die Zeit des Aufbruchs, nach seiner tiefen Krise, in die der davor als junger Makart gefeierte Klimt gestürzt war. Gustav Klimt definiert sich nun neu, bricht in die Wiener Moderne auf. 400 Schriftstücke von ihm an Emilie Flöge sind erhalten. Rund die Hälfte dieses Bestandes kaufte Rudolf Leopold in den späten 1990er-Jahren, der andere Teil befindet sich heute in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Die beiden Bestände werden im Leopold Museum zusammengeführt – und sind dennoch nur ein Bruchteil von Klimts Korrespondenz. Der persönliche Klimt bleibt hier ein monologisierender. Die Retourkarten von Emilie Flöge sind nicht erhalten. Außerdem klaffen Lücken, viele der Schriftzeugnisse wurden nach Klimts Tod von den Erben verbrannt, aber auch von Flöge selbst. Dennoch bleiben sie wichtige Dokumente, die das Bild von Klimt erhellen können. In knappem Staccato überliefern sie ganz Alltägliches, man erfährt Wissenswertes über seine Sammler und seine Mäzene, über Verkaufspreise. „In Ravenna viel Armseliges – die Mosaiken von unerhörter Pracht“, schreibt er etwa im Dezember 1903 aus Italien. „Habe lebhaftest an Dich gedacht – Du würdest entzückt sein mit mir. Auch Greco ist prachtvoll“, rapportiert er 1909 von seiner Reise nach Toledo und Madrid. Schließlich spart die Ausstellung auch andere Schriftzeugnisse nicht aus, stellt wichtige Briefe an seine Geliebte Marie „Mizzi“ Zimmermann aus.

Rekonstruktion des Ateliers

Aus ihnen erfährt man, wie er seine Tage am Attersee verbringt, liest vom Ringen um seine Kunst. Ihr schreibt er vom schlechten Wetter, das die Arbeit verzögert und es notwendig macht, manches im Salzkammergut gefundene Motiv erst in Wien fertig auszuführen.

Am Attersee begegnet man Klimt im weißen Sommeranzug, in Fotografien, die „Klimt persönlich“ den ausgestellten Kunstwerken zur Seite stellt. In großer Fülle sieht man ihn abgelichtet, zum einen in privaten Fotos, zum anderen in den Aufnahmen der professionellen Größen der Zeit, wie Moritz Nähr, Anton Josef Trčka oder Madame d'Ora, die den öffentlichen Klimt vor ihre Kamera baten. Die Ausstellung zeigt in nie da gewesener Fülle und Qualität Fotografien zu Gustav Klimt. Der Künstler wird so im Spannungsfeld zwischen öffentlich und privat in einzigartiger Intensität erlebbar. Sein Josefstädter Atelier, dieser wichtige Rückzugsort, wird rekonstruiert, und dazu ausgestattet mit Objekten, die Klimt selbst sammelnd zusammengetragen hat und die auch für seine Kunst wichtig wurden. Solches kontextualisiert die zahlreichen ausgestellten Kunstwerke. Das Leopold Museum kann auf seinen großen Bestand bauen, neben wichtigen Landschaftsgemälden und der großformatigen späten Allegorie „Tod und Leben“, werden auch rund 40 Zeichnungen von den 100 Blättern des Leopld Museum zu sehen sein. Dazu kommen viele Leihgaben aus privaten wie öffentlichen, heimischen und internationalen Sammlungen, die für diese Überblicksausstellung zusammengetragen wurden. Und somit neben all dem Persönlichen vor allem Klimts Kunst zu ihrem gebührenden Auftritt verhelfen. Denn wie meinte Klimt selbst: „Malen und zeichnen kann ich. Das glaube ich selbst und auch einige Leute sagen, dass sie das glauben. . . Von mir gibt es kein Selbstporträt. Ich interessiere mich nicht für die eigene Person als ,Gegenstand eines Bildes‘, eher für andere Menschen, vor allem weibliche. Ich bin überzeugt davon, dass ich als Person nicht extra interessant bin. An mir ist weiter nichts Besonderes zu sehen. Ich bin ein Maler, der Tag um Tag vom Morgen bis in den Abend malt.“ Dass Klimt als Person äußerst interessant ist und mit seiner Selbsteinschätzung nicht recht hatte, beweist er nicht zuletzt durch die vielfältigen Botschaften seiner Kunstwerke.

Auf einen Blick

Leopold Museum
Museumsplatz 1, A-1070 Wien
Tel.: +43/(0)1/525 70-0
Fax: +43/(0)1/525 70-1500
office@leopoldmuseum.org
www.leopoldmuseum.org


Täglich außer Dienstag 10–18 Uhr
Donnerstag 10–21 Uhr
Dienstag geschlossen
Juni, Juli, August: täglich geöffnet
Ausstellung:
Klimt persönlich
Bilder – Briefe – Einblicke
24. 2.–27. 8. 2012
Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm, mit Klimt-Vorträgen, Führungen und Workshops.
Information
Tel.: +43/(0)1/525 70-1525
www.leopoldmuseum .org

Freundeverein Leopold Museum
Freunde genießen viele Vorteile: freien Eintritt ins Leopold Museum, auch bei Sonderausstellungen, Konzerten und Klimt-Vorträgen u. a. Veranstaltungen des Museums u.v.m.
Jahreskarte: 55 €
Informationen
Tel.:+43/(0)1/525 70-1530 freunde@leopoldmuseum.org
www.freunde-leopoldmuseum.at

Gustav-Klimt-Zentrum – Attersee

Am 14. Juli 2012, dem Geburtstag des Jugendstilkünstlers, öffnet das Gustav-Klimt-Zentrum am Attersee seine Pforten.
In prominenter Lage, an der einst von Gustav Klimt gemalten Allee im Park von Schloss Kammer gelegen, entsteht unter Federführung des Leopold Museums ein multimediales Zentrum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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