Mehr Eier für die "Austrians"

Ashley Hans Scheirl, Goldenshower
Ashley Hans Scheirl, GoldenshowerSpiegler
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Österreichische Beiträge sind selten bei den beiden Großausstellungen dieses Jahr, der Biennale Venedig und der documenta 14 in Kassel. Ein Überblick. Eine Entdeckung.

Österreichische Beiträge sind selten bei den beiden Großausstellungen dieses Jahr, der Biennale Venedig und der documenta 14 in Kassel. In Venedig waren von 120 Künstlern, die Chef-Kuratorin Christine Macel eingeladen hat, nur eineinhalb Österreicher, Franz West und Soren Engsted, ein Heimo-Zobernig-Schüler, der zum Teil in Wien wohnt.

In Kassel sind jetzt fünf zu finden, wobei zwei davon seit ewigen Zeiten nicht mehr in Österreich wohnen. Peter Friedl „verließ Österreich 1982 im Alter von 22 Jahren“, lautet sogar der erste Satz seiner Bio auf Wikipedia. Der in Berlin lebende Konzeptkünstler ist ein Stammgast der documenta, diesmal hat er einen Film beigesteuert, der im Kasseler Stadtmuseum läuft. Auf einer nicht näher definierten Bühne rezitieren Menschen in unterschiedlichen Sprachen Teile aus Kafkas Erzählung „Bericht für eine Akademie“ von 1917. Darin erzählt ein (ehemaliger) Affe von seiner Assimilation. Das muss man wissen, sonst versteht man Nüsse, außer man ist sprachlich babylonisch gebildet (keine Untertitel). Ästhetisch aber toll gemacht.

In der Karlsaue hat ein anderer österreichischer documenta-Dauergast, Lois Weinberger, einen 100 Meter langen, schmalen Streifen Erde bereitet, also ein Weg-artiges Beet, natürlich quer zum normalen, zum angelegten Weg durch diesen prächtigen Park. Eine böse, erzwungene, wahrscheinlich neoliberale, jedenfalls europäische, satt-westliche Kulturlandschaft natürlich, die jetzt sozusagen querbeet von spontaner vegetativer Immigration durchkreuzt werden soll. Oder so. Jedenfalls soll hier wachsen, was will, Weinberger nennt das von ihm propagierte System „Ruderal Society“.

Sehr prominent platziert ist auch Ashley Hans Scheirl (*1956, Salzburg), der Malerin oder die Maler, der/die die Professur „Kontextuelle Malerei“ an der Wiener Akademie hält und die queere junge Performance-Szene mitprägt. Die Installation „Goldenshower (L'Origine du Monde)“ von 2017 ist am Beginn des Rundgangs durch die Neue Galerie zu finden, gleich neben einer Courbet-Grafik von einem Bettler, der einem Waisenkind ein Almosen gibt (die Assoziation ist der Titel). Die Arbeit besteht aus zwei Gemälden einer Performance, wo Scheirl die Füße in goldenen Plateau-Schuhen durch die Leinwand stößt, worauf Danae-mäßig ein Münzen-Regen herabgeprasselt zu sein scheint. Ein Video zeigt die Performance dazu. Von der Wand hängt noch ein paar goldener Eier.

Spiegler

Ebenfalls im relativen Kunterbunt der Neuen Galerie sind kleine Fantasia-Collagen von der 1922 in Wien geborenen, 1939 nach Argentinien emigrierten Elisabeth Wild zu sehen (worauf mich mein geschätzter Kollege vom „Standard“ hinwies). Wie documenta-Chef Adam Szymczyk auf diese unbekannte Dame stieß, die im Stil des Magischen Realismus arbeitet? Googelt man, kommt man auf die einzige Ausstellung von Wild, die 2014 in der Basler Kunsthalle stattfand, die Szymczyk damals leitete. Es war eine Ausstellung in der Ausstellung der Künstlerin Vivian Suter, der Tochter von Wild. Daher die Connection. Könnte ja vielleicht zu einer Wiener Einladung führen?

Eine Art Kuckucksei ist die Präsenz von Oliver Ressler (*1970, Knittelfeld) bei der documenta. Er ist mit der Video-Installation „What is democracy?“ vom griechischen Nationalmuseum „Emst“ vor einigen Jahren angekauft worden – und diese Sammlung wird während der „documenta“ im Fridericianum präsentiert. Ein super Auftritt zwischen ziemlich viel griechischer Arte Povera.

Am Ende sollte man sich aber dennoch fragen, wie man die Präsenz von österreichischen Künstlern bei Biennalen, bei internationalen Großausstellungen verbessern könnte. Anscheinend sind Initiativen wie „curated by“, das Galerien-Programm, mit dem im Herbst versucht wird, internationale Kuratoren en Masse nach Wien zu holen oder „Phileas“, die Organisation von Jasper Sharp, die auch einige dieser Auftritte finanziert, zu wenig bzw. noch ausbaufähig.

Zumindest bei der "documenta" in Kassel wird österreichische Kunst immer einen Rahmen bilden, am Ende: Prominent zwischen documenta-Halle und Karlsaue steht seit 1977 (documenta 6) eine riesige Installation, ein über einen Steg begehbarer Stahl-Rahmen, durch den eine Art Zielrohr gerichtet ist. Von der österreichischen Architekten-Künstler-Gruppe Haus-Rucker-Co.

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