Deutscher Buchpreis geht an Terezia Mora

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Die 42-jährige Autorin aus Ungarn wurde in Frankfurt für ihren Roman "Das Ungeheuer" mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.

Die Trauerarbeit wurde zum Triumph: Terézia Mora hat am Montag in Frankfurt am Main den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis gewonnen - für ihren Roman „Das Ungeheuer" (Luchterhand), der vor allem zu Beginn eine depressive Grundstimmung ausströmt. Am Abend vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse wurde die Entscheidung der Jury im Kaisersaal im Römer bekannt gegeben. Die sieben Juroren begründeten ihre Entscheidung für Mora so: Der tief bewegende und zeitdiagnostische Roman sei „ein stilistisch virtuoser, perspektivenreicher Nekrolog und eine lebendige Road-Novel aus dem heutigen Osteuropa. Terézia Mora findet eine radikale Form, der verstorbenen Flora und ihrem Leiden, das sie Darius nicht mitteilen konnte, eine Stimme zu geben."

Die Schriftstellerin aus Sopron kam 1990 zum Studium der Hungarologie und Theaterwissenschaft nach Berlin, schrieb Drehbücher und reüssierte zudem auch als Übersetzerin aus dem Ungarischen. Sie gab ein großartiges Debüt mit dem Erzählband „Seltsame Materie". (Für eine Erzählung daraus erhielt sie 1999 den Ingeborg-Bachmann-Preis.) 2004 folgte der hoch gelobte Roman "Alle Tage".

Mit der Asche in den Osten

In ihrem neuen Werk führt Mora die Geschichte von „Der einzige Mann auf dem Kontinent" (2009) weiter. Geplant ist eine Trilogie mit dem Protagonisten Darius Kopp. Im Mittelstück „Das Ungeheuer", das nun den Preis erhielt, ist der Mann an einem Tiefpunkt angelangt. Seine Frau Flora, die stets absturzgefährdete, beruflich erfolglose, hat sich im Wald erhängt, er hat seinen Job in der Technologiebranche verloren. Da findet er in der Phase der Haltlosigkeit das Tagebuch Floras. Die Files sind auf Ungarisch, ihrer Muttersprache. Kopp lässt den Text übersetzen und macht sich zu einer gar nicht sentimentalen Reise in die Heimat seiner Frau auf, zur Spurensuche, mit ihrer Asche im Kofferraum. Die Verstorbene hat bei Mora auf den ersten 82 Seiten buchstäblich eine Lücke gerissen. Unter dem Strich bleibt fast die halbe Seite leer, man liest oben nur die Eindrücke des Ehemanns, meist in personaler Perspektive.

Dann aber setzt unten in Fragmenten Floras persönliche Geschichte ein, eine Anatomie tiefer Melancholie. Die Stränge laufen parallel, verbinden sich trotz der räumlich-zeitlichen Distanz für den Leser. Der Text wird zur (Er-)Läuterung, das Ich enthüllt sich. Und auf geht es nun, in den Süden, in den Osten, viel weiter als geplant, in ein irres Finale. Wie geht denn die ungeheure Geschichte aus? Es geht weiter. Hoffentlich! Im dritten Teil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2013)

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