Drei Geschichten von J.D. Salinger aufgetaucht

J.D. Salinger 1952
J.D. Salinger 1952(c) imago stock&people (imago stock&people)
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Bisher durfte man sie nur unter Aufsicht in Uni-Bibliotheken lesen: Drei bisher nicht publizierte Werke des "Fänger im Roggen"-Autors sind im Internet aufgetaucht. Das bringt den Publikationsplan des Autors durcheinander.

Jahrzehnte hatte die literarische Welt vergebens auf neue Werke des US-Kultautors J. D. Salinger gewartet. Nun, mehr drei Jahre nach seinem Tod, sind drei seiner Geschichten im Internet aufgetaucht. Scans von "The Ocean Full of Bowling Balls", "Paula" und "Birthday Boy" wurden am Mittwoch auf einer Filesharing-Seite geleakt. Sie dürften aus einem illegal gedruckten Buch stammen, von dem 1999 in London 25 Exemplare aufgelegt worden waren, berichtet der "Guardian". Ein Exemplar dieses Buches war vor Kurzem über eBay versteigert worden, um nur 67,50 britische Pfund (circa 80 Euro). Später wurde das PDF von der Filesharing-Seite wieder gelöscht, doch auch hier gilt: Was einmal ins Internet gelangt ist, lässt sich nur schwer wieder daraus entfernen.

Literaturwissenschaftlern sind die Geschichten bereits bekannt. "The Ocean Full of Bowling Balls" war in der Bibliothek der US-Eliteuniversität Princeton zugänglich. Dort durfte man den Text nur unter Aufsicht lesen. Allerdings war es bis Mitte der 1980er offenbar möglich, Kopien davon anzufertigen. "Paula" und "Birthday Boy" konnte man unter ähnlichen Umständen am Harry Ransom Center der Universität von Texas lesen. Salinger-Experte Kenneth Slawenski bestätigte gegenüber der Nachrichtenseite "Buzzfeed" die Authentizität Texte, kritisierte aber den Mangel an Anstand desjenigen, der diese gepostet hat.

Der Tod von Allie Caulfield

Salinger schrieb "The Ocean Full of Bowling Balls" ursprünglich für das Magazin "Harper's Bazaar", zog den Text aber noch vor der Publikation zurück. Die Geschichte, die 1947 entstanden sein dürfte, handelt vom Tod des Buben Kenneth Caulfield, aus dem später die Figur Allie in "Der Fänger im Roggen" wurde. Ich-Erzähler Holden Caulfield erwähnt in dem berühmten Roman, dass Allie, ein Linkshänder mit roten Haaren, mit elf Jahren an Leukämie starb.

In "The Ocean Full of Bowling Balls" soll ein Brief von Holden an Kenneth/Allie enthalten sein. Dem "Guardian" zufolge werde die Geschichte von Holdens älterem Bruder (in "Der Fänger im Roggen" Drehbuchautor und Veteran D.B. Caulfield) erzählt.

"Birthday Boy" und "Paula" über Ehepaare

"Birthday Boy" dürfte der Autor 1946 abgeschlossen haben. Er erwähnt die Geschichte über den Besuch eines Ehemann bei seiner alkoholkranken Frau im Spital in einem Brief von 1951. Also in jenem Jahr, in dem der damals 32-Jährige "Der Fänger im Roggen" herausbrachte und berühmt wurde.

"Paula" wiederum soll jene Geschichte sein, die Literaturwissenschaftler auch unter dem Titel "Mrs. Hincher" kennen. Damit wäre sie einer der frühesten literarische Texte des Schriftstellers, datiert auf 1941. Die Geschichte handelt von dem Ehepaar Frank and Paula Hincher, die sich sehnlichst ein Kind wünschen.

Salinger selbst wollte spätere Veröffentlichung

Die Veröffentlichung der drei Texte bringt den Publikationsplan des Autors durcheinander. Salinger, der sich nach dem Erfolg mit "Fänger im Roggen" (im Original: "Catcher in the Rye") völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, soll die Publikation seiner Texte selbst geplant haben. Der Schriftsteller soll angeordnet haben, dass mindestens fünf Manuskripte von 2015 an veröffentlicht werden, hieß es in der Dokumentation "Catching Salinger" (2013). Ohne Salingers Einverständnis dürften seine Texte erst 50 Jahre nach seinem Tod, also frühestens am 27. Jänner 2060 publiziert werden.

Zu den weiteren bekannten, aber unveröffentlichten Texten des Autors gehören "The Last and Best of the Peter Pans" (1942), "The Children's Echelon" (1944), "Two Lonely Men" (1944) und "The Magic Foxhole" (1944).

Zum Autor

Jerome David "J. D." Salinger hatte 1951 "Der Fänger im Roggen" ("The Catcher in the Rye") veröffentlicht und damit einer ganzen sich unverstanden fühlenden Generation ihre literarische Grundlage gegeben. Jahrzehntelang lebte der Autor völlig zurückgezogen, bevor er im Jänner 2010, vier Wochen nach seinem 91. Geburtstag, starb.

>> Link auf "Buzzfeed"

>> Link auf "Guardian"

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