»Krebspatienten brauchen einen guten Navigator«

Weissbuch Heilung
Weissbuch Heilung(c) Ecowin Verlag
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Der Journalist und Filmemacher Kurt Langbein begab sich für sein jüngstes Buch, »Weißbuch Heilung«, auf eine Erkundungstour ins weite Land alternativer Therapien. Auf das Thema brachte ihn auch seine Krebserkrankung.

„Ich habe Krebs. Es kann sein, dass die Krankheit stärker ist als ich, aber sie ist auch ein Teil von mir“, sagt Kurt Langbein zu Beginn des Films „Heilen ohne Pille und Skalpell“, der vor wenigen Tagen auf Servus TV zu sehen war. Der Journalist und Filmemacher, der sich seit Jahrzehnten in Büchern und Filmen kritisch mit dem Gesundheitssystem auseinandersetzt, hat sich diesmal auf eine Entdeckungsreise in das weite Land unkonventioneller Heiler und alternativer Therapieansätze begeben. Auch, um „diesen Teil Krebs“ in ihm besser verstehen zu können.

Zweieinhalb Jahre hat Langbein in Deutschland und Österreich für den Film und das zeitgleich erschienene „Weißbuch Heilung“ recherchiert. „Ich hatte zwei Motivationen für diese Recherche: die des Publizisten und die des Menschen, der selbst einmal krank war und gesund bleiben wollte“, erzählt er. Langbein erkrankte vor einigen Jahren an Prostatakrebs und musste damit plötzlich von der Seite des Medizin- und Wissenschaftsjournalisten, der über Krankheiten anderer schreibt, auf die Seite des Patienten wechseln. Über den Kampf gegen den Krebs und die Folgen schrieb er den sehr persönlichen Erfahrungsbericht „Radieschen von oben“.


Kein Gegner der Schulmedizin. In seinem neuen Buch geht er der Frage nach, warum unheilbar Kranke manchmal durch alternativmedizinische Therapien geheilt werden und wie sinnvoll alternative Behandlungsmethoden – von Ernährungsumstellung über Meditation bis zur Einnahme von entzündungshemmenden Kräutern oder Pflanzen – sein können. Langbein ist alles andere als ein Gegner der Schulmedizin: „Bei jeder ernsthaften Krankheit sollte man davon ausgehen, dass die Schulmedizin primär hilft, aber es gibt eine zweite Komponente, wenn ich gesund werden und bleiben will. Das ist die Wiederherstellung einer Balance von Seele und Körper.“

Zwar glauben immer mehr Ärzte, so wie Langbeins eigener behandelnder Arzt, Ferdinand Frauscher, Radiologe an der medizinischen Universität Innsbruck, an die sogenannte personenbezogene Therapie. Dennoch schätzt Langbein, dass nur ein Drittel bis Viertel der heimischen Mediziner ihre Patienten mit einer ganzheitlichen Therapie behandeln. Ferdinand Frauscher etwa sagt: „Viele Krebspatienten sind zwar im Krankenhaus, aber eine psychoonkologische Betreuung bleibt oft auf der Strecke.“ Der Arzt glaubt, das sei auch eine Kostenfrage. Langbein widerspricht, das Gesundheitssystem müsse nur gründlich umorganisiert werden, dann wäre es auch deutlich effektiver und kostengünstiger.


Kartenleser und Heilerduo. Doch wie soll sich ein erkrankter Mensch in dem Dickicht an alternativen oder komplementären Therapien, in dem sich mitunter auch Scharlatane tummeln, zurechtfinden? Langbein glaubt, „dass Krebspatienten vor allem einen Navigator brauchen, der das richtige Therapiepaket schnürt. Einem Arzt, der einem nur eine Option anbietet, dem sollte man mit Misstrauen begegnen.“ In Deutschland gebe es schon viel mehr Kliniken, die sich der integrativen Medizin verschrieben haben. Dort ist es auch schon viel verbreiteter, dass Schulmediziner mit Heilern, denen sie vertrauen, zusammenarbeiten. Auf seiner Recherchereise trifft Langbein auf Kartenleser und Geistheiler ebenso wie auf Psychoanalytikerinnen oder Heiler, die eine sogenannte energetische Medizin anbieten. Ihnen allen begegnet er mit derselben vorurteilsfreien Neugier.

Letztlich muss jeder selbst herausfinden, wie er gesund wird und bleibt. Vorsicht sei aber bei drei speziellen Dingen geboten, rät Kurt Langbein: „Wenn der Heiler von schulmedizinischer Therapie gänzlich abrät oder ein Heilsversprechen abgibt und wenn in einem Gespräch nach einer Stunde keine Vertrauensbeziehung entsteht.“

Der Film „Heilen ohne Pille und Skalpell“ ist noch in der Mediathek von ServusTV abrufbar. Das „Weißbuch Heilung“ erschien im Ecowin-Verlag.

Steckbrief

Kurt Langbein,
geb. 1953, Sohn des Widerstandskämpfers Hermann Langbein. Journalist, Filmemacher und Autor zahlreicher Bücher zu Gesundheitsthemen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2014)

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