Vom Rand der Gesellschaft

Jim Nisbets Noir-Krimi ist bitterböse und kommt ohne schrullige Kommissare, kochende Ermittler und Reiseführer-Klischees aus.

Das eigentliche Wunder an Jim Nisbets Noir-Krimi „Der Krake auf meinem Kopf“ ist, dass er überhaupt auf Deutsch publiziert wurde. Zu verdanken ist das dem kleinen Verlag Pulp Master, der Krimi-Perlen abseits des Mainstreams veröffentlicht.

Tatsächlich ist sein Buch unkonventionell. Nisbet will nicht gefallen oder in irgendeine Krimi-Schiene passen. Er will über Verlierer erzählen – aus der Sicht der Verlierer. Sein Erzähltempo ist dabei ungewöhnlich: Immer wenn man glaubt, jetzt passiert nichts mehr, jetzt könnte es ins Belanglose abdriften, wartet Nisbet mit einer überraschenden Wendung auf.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Curly Watkins erzählt, einem abgehalfterten Musiker. Als sich Curly, der einen Kraken auf seinen Kopf tätowiert hat, mit seinem alten Musikerkollegen Ivy und seiner Exfreundin Lavinia einlässt, nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Gerade als man sich auf einen harmlosen und dahinplätschernden Krimi einstellt, wechselt Nisbet völlig unerwartet die Perspektive und lässt den Leser in den Kopf eines Serienmörders eindringen.

Nisbet schreibt mit viel bösem Humor. Als der knapp dem Tod von der Schaufel gesprungene Curly im Spital aufwacht und die zwei TV-Geräte im Zimmer schwarz sind, erklärt ihm Ivy: „Es muss die Hölle sein, aus dem Reich der Toten zurückzukehren und festzustellen, dass die Belohnung für das Überleben im täglichen Fernsehprogramm besteht.“ phu

Jim Nisbet: „Der Krake auf meinem Kopf“, übersetzt von Ango Laina und Angelika Müller, Pulp Master, 320 Seiten, 15,30 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2014)

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