Verbrechen im Reservat

(c) Erwin Wodicka
  • Drucken

Als seine Mutter vergewaltigt wird, endet Joes Kindheit im Indianerreservat. Im Dschungel juristischer Zuständigkeiten versucht er, den Täter zu finden.

Joe ist 14, lebt in einem Reservat in North Dakota und interessiert sich für Videospiele, schicke Turnschuhe und die Brüste seiner Tante Sonja, die früher als Stripperin gearbeitet hat. Doch dann wird Joes Mutter vergewaltigt, und über sein Zuhause auf dem Hügel senkt sich Schweigen. Denn Joes Mutter weigert sich, den Täter zu nennen, und schließt sich versteinert in ihrem Zimmer ein. Joe und sein Vater, ein Stammesrichter, versuchen verzweifelt, sie zu erreichen und dem Verbrechen nachzugehen.

Als Schlüssel entpuppt sich das alte Rundhaus am See, ein spiritueller Ort, in dessen Nähe die Vergewaltigung geschehen ist. Ein Problem, denn hier lappen die verschiedenen Rechtszuständigkeiten übereinander: Gilt staatliches, föderales oder Stammesgesetz? Am Ende nimmt Joe die Dinge selbst in die Hand und landet hart in der Welt der Erwachsenen und ihrer unterdrückten Vergangenheit.

Autorin Louise Erdrich kennt die Welt, über die sie schreibt: Sie wuchs als Enkelin eines Häuptlings auf, ihr Vater arbeitete im Büro für Indianerfragen, ihre Mutter als Sozialarbeiterin. In den USA gewann „Das Haus des Windes“ den National Book Award für den besten Roman des Jahres und hielt sich monatelang auf der „New York Times“-Bestsellerliste. Eine gelungene Coming-of-Age-Geschichte zwischen Supermarkt, Geisterbeschwörung und den Geschichten des Großvaters, der einst noch Büffel gejagt hat, vor dem Hintergrund juristischer Benachteiligung, die bis heute andauert. tes

Louise Erdrich: „Das Haus des Windes“, übersetzt von Gesine Schröder, Aufbau, 384 S., 20,60 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.