Romanciers wie Philip Roth gehören zu den Dauer-Favoriten für den Literatur-Nobelpreis, doch seit mehr als 20 Jahren hat kein US-Autor mehr gesiegt.
Der Bestsellerautor Paul Auster hat bei der Jury des Literatur-Nobelpreises eine ablehnende Haltung gegenüber US-amerikanischen Schriftsteller beobachtet. "In letzter Zeit gibt es aus verschiedenen Gründen eine Antipathie gegenüber Amerika", sagte Auster. "Ich bin aber sicher, dass irgendwann auch mal wieder Amerikaner gewinnen werden."
US-Romanciers gehören seit Jahren zum engeren Favoritenkreis, darunter Philip Roth, Joyce Carol Oates, Thomas Pynchon und Cormac McCarthy. Doch der Literaturpreis ist seit mehr als 20 Jahren nicht mehr in die USA gegangen. Zuletzt war 1993 mit Toni Morrison eine US-Amerikanerin ausgezeichnet worden. Da im vergangenen Jahr mit Alice Munro eine Kanadierin und damit eine englischsprachige Autorin den Preis erhielt, werden die Chancen für US-Schriftsteller heuer wieder schlechter eingeschätzt.
Im Vorjahr erhielt die Kanadierin Alice Munro den Literaturnobelpreis. Sie war im Vorfeld bei den Wettbüros als Ko-Favoritin gehandelt worden. Ladbrokes hatte die Booker-Preisträgerin, die für ihre Kurzgeschichten berühmt ist, auf Platz zwei geführt.Der diesjährige Literaturnobelpreisträger wird am Donnerstag, 9. Oktober, bekanntgegeben. Wer liegt heuer - Stand Donnerstagmittag - bei den Buchmachern vorne? (c) EPA (DEREK SHAPMAN / MAN BOOKER PRIZE) Geht es nach Ladbrokes (Quote: 7:2) heißt der diesjährige Literaturnobelpreisträger Ngugi wa Thiong'o (geb. 1938). Der in den USA lebende, kenianische Schriftsteller und Kulturwissenschaftler war bereits im Vorjahr im Favoritenkreis.Er wurde mit dem Roman "Weep Not, Child" Mitte der Sechziger bekannt. In seinen Büchern bezieht er sich oft auf das Verhältnis von Afrikanern zur britischen Kolonialherrschaft. Ende der Siebziger wurde der Regimekritiker von den Schergen von Präsident Jomo Kenyatta verhaftet: Im Gefängnis schrieb er auf Klopapier den Roman "Devil on the Cross". Sein Roman "Herr der Krähen" gehört zu den innovativsten Romanen aus Afrika. (c) EPA (UNIVERSITY OF CALIFORNIA/HO) Wenig überraschend liegt auch heuer wieder Haruki Murakami (geb. 1949) im Gunst der Buchmacher weit vorne (9:2). So war es auch im Vorjahr. Ob der japanische Romancier 2014 die begehrteste Literaturauszeichnung der Welt erhält? Murakami ist mit seinen Romanen im Stil des magischen Realismus der bekannteste japanische Autor der Gegenwart. 2011 erschien auf Deutsch sein Opus magnum "1Q84". Kritiker werfen ihm einen "verwestlichten" Stil vor. (c) imago stock&people (imago stock&people) Swetlana Alexijewitsch (geb. 1948) geht - wie im Vorjahr - mit guten Chancen ins Nobelpreis-Rennen (Quote: 6:1). Die Weißrussin wurde mit Berichten und Reportagen über die Atomkatastrophe in Tschernobyl und über den sowjetischen Afghanistankrieg weltweit bekannt. Die gelernte Journalistin entwickelte einen eigenen Stil, eine Art literarischer Collage. Alexijewitsch gilt auch als Chronistin des Lebens in autoritären Gesellschaften. 2013 wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. (c) imago stock&people (imago stock&people) Der Albanier Ismail Kadare (geb. 1936) soll laut Ladbrokes (Quote: 10:1) ebenfalls gute Chancen auf den Nobelpreis haben. Sein Werk wurde in über 30 Sprachen übersetzt. Kadare erhielt 2005 den mit 60.000 Pfund dotierten "Man Booker International Prize". (c) EPA (THOMAS SCHULZE) Mit einer Quote von 10:1 liegt nicht nur der Franzose Patrick Modiano (geb. 1945), sondern auch der syrisch-libanesische Dichter und Essayist Adonis, mit bürgerlichem Namen Ali Ahmad Said (geb. 1930), im Vorfeld auf aussichtsreicher Position. Der Schwedischen Akademie wird gerne "Europa-Zentrismus" vorgeworfen, das könnte seine Wahl wahrscheinlicher machen. Schließlich ist Adonis einer der bedeutendsten arabischen Dichter der Gegenwart. (c) imago stock&people (imago stock&people) Der einzige Österreicher im Favoritenkreis ist Peter Handke (geb. 1942). Mit einer Quote von 12:1 rangiert der Kärntner Autor in den Top 10. Handke hatte im September den Ibsen-Preis entgegengenommen. Nach Protesten von in Norwegen lebenden Bosniern und Albanern hat er das Preisgeld gespendet. Handke war für seine politischen Ansichten, wie etwa die Verteidigung von Ex-Diktator Milosevic, heftig kritisiert worden. (c) imago stock&people (imago stock&people) Den Ruf eines übergangenen Autor hat hingegen der große amerikanische Romancier Philip Roth (geb. 1933). Seit Jahren in der Favoritenrolle, seit Jahren ohne Nobelpreis. Die Serie geht weiter. Heuer liegt seine Quote bei 12:1. Der vielfach preisgekrönte Autor gilt als förmlich "schreibwütig", was seine Chancen bisher geschmälert haben könnte. Die Akademie berücksichtigt das komplette Œuvre eines Autors. Doch die Chancen für Roth könnten steigen: Er hat aufgehört Romane zu schreiben. (c) REUTERS (� ERIC THAYER / Reuters) Der Norweger Jon Fosse (geb. 1959) veröffentlichte erst Lyrikbände und Romane, widmete sich in den vergangenen Jahren aber immer stärker dem Theater und gilt als begnadeter Dramatiker. Am bekanntesten sind wohl "Der Gitarrenmann" und "Todesvariationen". Seine Quote liegt ebenfalls bei 12:1. (c) APA (SCHLAGER Roland) Der Ungar Péter Nádas (geb. 1942) liegt mit einer Quote von 14:1 ebenfalls im erweiterten Favoritenkreis. Der große europäische Erzähler beschäftigt sich vor allem mit dem kommunistischen Ungarn. Sein Roman "Buch der Erinnerung" gilt heute als eines der Meisterwerke des 20. Jahrhunderts. Sein monumentaler Roman "Parallelgeschichten" erschien 2012 auf Deutsch. (c) FABRY Clemens Die algerische Schriftstellerin Assia Djebar (geb. 1936) gehört seit Jahren zum Favoritenkreis, so auch heuer wieder mit einer Quote von 14:1. 2013 musste sich Munro geschlagen geben. Sie verfasst ihre Bücher auf Französisch. Das Hauptwerk der Muslimin ist die "Algerische Tetralogie": Darin schildert sie Geschichte und Gegenwart Algeriens. (c) � Philippe Wojazer / Reuters Joyce Carol Oates (geb. 1938) gehört mit einer Quote von 16:1 ebenfalls dazu. Im Vorjahr war sie noch weiter vorne gereiht worden (8:1). Ihr Werk ist breit gefächert: Bislang publizierte sie gut 300 Erzählungen und 60 Romane, von sozialkritischen Büchern über fantastische Romane bis hin zu Jugendliteratur. Drei Pulitzer-Preise hat sie schon: Für "Blond", "What I Lived For" und "Black Water ". Fehlt noch der Nobelpreis. (c) REUTERS (� Vincent Kessler / Reuters) Mit einer Quote von 20:1 haben der polnische Lyriker Adam Zagajewski (geb. 1945) und die ägyptische Feministin Nawal El Saadawi (geb. 1931) wohl nur Außenseiterchancen auf den diesjährigen Nobelpreis. (c) imago stock&people (imago stock&people) Die Chancen für den öffenlichkeitsscheuen Amerikaner Thomas Pynchon (geb. 1937) standen schon besser. (25:1). Pynchon gilt als einer der einflussreichsten Literaten der Gegenwart. Nur neun Bücher hat er seit seinem Erstling "V." veröffentlicht, darunter "Die Enden der Parabel". Heuer erschien "Bleeding Edge", bisher nur auf Englisch. Ein Einwand gegen Pynchon: Er dürfte kaum selbst nach Stockholm reisen, um sich den Preis abzuholen. Schließlich lässt er sich nicht einmal fotografieren. (c) Wikicommons Auch Musiker und Lyriker Bob Dylan (geb. 1941) gehört heuer zum erweiterten Favoritenkreis (Quote: 25:1). (c) EPA (DOMENECH CASTELLO) Der aus Tschechien stammende, in Frankreich lebende Milan Kundera (geb. 1929) kommt auf eine Quote von 25:1. Er feierte mit "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" seinen größten Erfolg. Inzwischen hat sich Kundera von seiner Muttersprache abgewandt und schreibt auf Französisch. Daneben ist er auch als Essayist aktiv. (c) imago stock&people (imago stock&people) 33:1 ist die Quote für den Israeli Amos Oz. Der Mitbegründer der politischen Bewegung Schalom Achschaw (Peace Now) hat eine Reihe von Romanen und Erzählungen, einige Essaybände und Kinderbücher verfasst. Für ihn machte sich Günter Grass stark: Allein für "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" hätte Amos Oz den Nobelpreis verdient, meint der Literatur-Nobelpreisträger von 1999. Das Buch ist eine fiktive Biografie und eine Skizze der israelischen Geschichte und wurde zum Bestseller. (c) EPA (TONINO DI MARCO) Umberto Eco (geb. 1932) war in den vergangenen Jahren eher auf unteren Plätzen der Favoritenliste zu finden. Das gilt auch heuer (33:1).Weltberühmt wurde er mit dem Mittelalter-Klosterkrimi "Der Name der Rose", der auch verfilmt wurde. Daneben machte sich Eco als Kulturwissenschaftler einen Namen. (c) EPA (FABIO CAMPANA) Mit einer Wettquote von 33:1 werden der Italienerin Dacia Maraini (geb. 1936) ebenfalls kleine Chancen eingeräumt. Sie gilt als literarische Feministin, was sich auch in den Themen ihrer Bücher widerspiegelt: Sie handeln von Gewalt gegen Frauen, Vergewaltigung, Inzest, Prostitution oder lesbischer Liebe. Die Lebensgefährtin des verstorbenen Alberto Moravia schreibt auch Theaterstücke, Drehbücher und Essays. (c) APA (DPA/Jörg Schmitt) Auch der Somalier Nuruddin Farah (geb. 1945) kommt auf eine Quote von 33:1. Der Sohn einer Dichterin widmet sich besonders der Situation der Frauen im postkolonialen Somalia, seine Werke kreisen häufig um familiäre und soziale Identität und wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Anfang der 70er Jahre verließ Farah sein Geburtsland aus politischen Gründen. Heute lebt er in Südafrika. (c) imago stock&people (imago stock&people) Mit ebenfalls 3340:1 als mögliche Preisträgerin gehandelt wird Munros Landsfrau Margaret Atwood (geb. 1939). Sie hat seit 1966 gut 50 Bücher veröffentlicht und sich mit 20 Prosawerken, einem Dutzend Gedichtbänden, Essaysammlungen und Kinderbüchern beharrlich in die Weltliteratur geschrieben. (c) REUTERS (© Mark Blinch / Reuters) Das Spezialfach von Don DeLillo (geb. 1936) ist die Postmoderne. "Weißes Rauschen", für das er den National Book Award gewann, ist neben "Unterwelt" sein wohl meistbeachtetes Werk. In "Falling Man" verarbeitete der Amerikaner den Terroranschlag am 11. September 2001. Sein Roman "Cosmopolis" wurde von David Cronenberg verfilmt. DeLillos Quote liegt bei 33:1. (c) imago stock&people (imago stock&people) Ko Un (geb. 1933) ist einer der wichtigsten Dichter und Schriftsteller Koreas. Seine Quote liegt bei 33:1. In seiner Jugend wurde Ko Un zu einem buddhistischen Mönch ausgebildet und lebte als Bettelmönch. In den Sechzigern wurden seine Gedichte in Studentenprotesten als Widerstandshymnen gefeiert, Ko Un selbst wurde mehrfach verhaftet und gefoltert. Heute lebt der Autor in Seoul. (c) REUTERS (� Lee Jae Won / Reuters) Die Favoriten der Buchmacher Auster: "Manchmal nicht so gute Enscheidungen" Einen Favoriten habe er nicht, sagte Auster. "Mir fällt spontan niemand ein, es gibt so viele gute Schriftsteller. Und es ist ja eh jedes Jahr eine Überraschung. Manchmal treffen sie gute Entscheidungen, manchmal nicht so gute." Er selber denke "überhaupt nicht darüber nach", den Preis jemals zu gewinnen.
Den diesjährigen Träger des renommierten Preises will die Schwedische Akademie in Stockholm am Donnerstag bekanntgeben.
Der im New Yorker Stadtteil Brooklyn lebende Auster war unter anderem mit seiner "New York-Trilogie" bekannt geworden. Ende September erschien sein jüngstes Buch "Bericht aus dem Inneren" in Deutschland.
(APA/dpa)
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