Literatur-Nobelpreis geht an Jean-Marie Gustave Le Clézio

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Der Franzose Jean-Marie Gustave Le Clézio ist Literatur-Nobelpreisträger 2008. Er ist für seine zivilisationskritischen Romane bekannt.

Der Franzose Jean-Marie Gustave Le Clézio ist Literatur-Nobelpreisträger 2008. Dies gab die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften heute, Donnerstag, bekannt. Le Clézio sei ein "Autor neuer Ansätze, poetischer Abenteuer und sinnlicher Exstase, Erforscher neuer Menschlichkeit jenseits und unterhalb der herrschenden Zivilisation", begründete die Jury. Der Autor beschäftigt sich in seinen Erzählungen stark mit dem Verhältnis von Erleben und Bewusstsein.

Le Clézio veröffentlichte bereits mehr als dreißig Bücher, daunter Erzählungen, Romane, Essays, Novellen und zwei Übersetzungen indischer Mythologie. Seinen Durchbruch feierte er als 23-Jähriger in den Sechzigern mit seinem Debütroman "Das Protokoll", für das er mit dem Prix Renaudot ausgezeichnet wurde. Zu den bekanntesten seiner zivilisationskritischen Romane um versunkene, weit entfernte Welten gehören "Ein Ort fernab der Welt", "Fisch aus Gold", "Revolutionen" und "Der Afrikaner".

Jean-Marie Gustave Le Clezio mit seiner Frau Marina,1963
Jean-Marie Gustave Le Clezio mit seiner Frau Marina,1963(c) AP

Le Clézio ist Sohn eines Bretonen mit englischer Staatsangehörigkeit, der auf Mauritius geboren wurde, und einer Französin. Er selbst kam 1940 in Nizza auf die Welt. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Le Clézio in Nigeria, wo sein Vater als Arzt im Dienste der Regierung arbeitete. In Nizza studierte er Literaturwissenschaft. Als Lektor war er in Bristol, London, Thailand, Mexiko und Aix-en-Provence tätig.

"Afrikaner": Begegnung mit dem Vater

Momentan ist nur sein Roman "Der Afrikaner" auf Deutsch erhältlich. In dem Buch erzählt Le Clézio von einer Afrikareise als Achtjähriger, bei der er erstmals seinem Vater, einem Tropenarzt, begegnete. Er erzählt darin auch die Liebesgeschichte seiner Eltern in Kamerun.

Für das Nobelpreis-Komitee ist "Der Afrikaner" "die Geschichte des Vaters des Verfassers, zugleich Rekonstruktion, Ehrenrettung und Erinnerung an das Leben eines Jungen im Schatten eines Fremden, den zu lieben er schuldig ist. Er erinnert sich durch die Landschaft: Afrika erzählt ihm, wer er in dem Augenblick war, als er als Achtjähriger nach der Trennung durch die Kriegsjahre die Wiedervereinigung der Familie erlebte."

Nachfolge Claude Simons und Gao Xingjans

Jean-Marie Gustave Le Clézio ist der erste französische Literatur-Nobelpreisträger seit 200. Damals war der chinesische Dichter Gao Xingjian ausgezeichnet worden- er ist französischer Staatsbürger. Zuvor war Claude Simon 1985 ausgezeichnet worden war.

Le Clézio zeigte sich "gerührt und dankbar". In einem Interview mit dem schwedischem Rundfunksender SR sagte der 68-Jährige: "Dies ist eine große Ehre, und ich danke der Schwedischen Akademie". Den Anruf mit der Mitteilung aus Stockholm habe seine Frau entgegengenommen, während er selbst gerade mit Schreiben beschäftigt gewesen sei.

Wikipedia ließ Le Clézio an Herzinfarkt "sterben"

Wenige Minuten nach der Bekanntgabe der Entscheidung ließ die spanische Ausgabe der Internet-Enzyklopädie Wikipedia den Literaturnobelpreisträger an einem Herzinfarkt "sterben". Ein Witzbold verfasste auf der Seite über den französischen Autor einen frei erfundenen Eintrag: "Nach der Bekanntgabe der Auszeichnung erlitt der Schriftsteller vor Überraschung einen Herzinfarkt und starb wenig danach in einem Krankenhaus in Paris." Kaum zwei Minuten später wurde die Falschmeldung jedoch korrigiert.

Unterdessen kündigte Jean-Marie Le Clézio an, dass er "auf jeden Fall" zur feierlichen Verleihung am 10. Dezember in Schwedens Hauptstadt reisen werde.

Der Literatur-Nobelpreis ist wie im Vorjahr mit zehn Millionen Kronen (1,033 Mio. Euro) dotiert und wird am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, vom schwedischen König Carl Gustaf in Stockholm überreicht.

(Ag./Red.)

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