Mord im Austauschjahr

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Würde man nach einem Mord ein Rad schlagen? Die junge amerikanische Autorin Jennifer DuBois erzählt ihre Version des Falls um die Studentin Amanda Knox.

Hat die Austauschstudentin Amanda Knox ihre britische Zimmergenossin Meredith Kercher ermordet? Man weiß es bis heute nicht. Der berühmte „Engel mit den Eisaugen“ wurde verurteilt, freigesprochen, wieder verurteilt. Auch dagegen hat sie berufen. Heute arbeitet sie als Journalistin in Seattle.

Stoff, der nicht nur die Boulevardpresse bewegt. Robert Dornhelm hat darüber einen Film gedreht, ohne die Schuldfrage zu beantworten; und auch Jennifer DuBois, in den USA schon für ihr Debüt „Das Leben ist groß“ gefeiert, hütet sich davor. Stattdessen zeichnet sie ein vielschichtiges Porträt einer jungen Frau, die es wohl getan haben könnte.

„Ein gutes Mädchen“ trägt im Englischen den Titel „Cartwheel“: Die Protagonistin schlägt selbiges, ein Rad, nur wenige Stunden, nachdem ihre Zimmergenossin ermordet wurde. Das macht sie verdächtig. DuBois hat die Handlung von Italien nach Buenos Aires verlegt und seziert die Innenwelten ihrer Figuren gekonnt.

Da ist die dysfunktionale Mittelschichtsfamilie der Verdächtigen, die schon Jahre vor dem Mord wegen einer anderen Katastrophe auseinandergebrochen ist. Da ist der Staatsanwalt, der gegen seine Depression kämpft. Da ist der reiche junge Nachbar, der kein Leben mehr lebt. Und da ist Lily Hayes, die Verdächtige, die sich in ihrer jugendlichen Arroganz für besonders hält und gerade dadurch so gewöhnlich ist. Ein gelungener psychologischer Roman, der zeigt, wie schwer es ist, Menschen zu erklären. tes

Jennifer DuBois: „Ein gutes Mädchen“, übersetzt von Verena von Koskull, Aufbau Verlag, 480 Seiten, 20,60 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2014)

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