Der Terror gegen Kurden in Wien

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Das politische Buch. Private Erinnerungen an den Kurdenführer Ghassemlou.

Es ist eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren österreichischen Geschichte: Am 13. Juli 1989 trafen sich in einer Wohnung in Wien drei führende Kurden der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran (DPKI) mit Vertretern des iranischen Mullah-Regimes zu Geheimverhandlungen. Was als Friedensgespräch geplant war, war in Wahrheit eine Falle: Die Kurden wurden ermordet.

Den Tätern kam man rasch auf die Spur, doch aus Gründen der Staatsräson (der Iran hatte offen gedroht, dass österreichische Staatsbürger im Iran nicht mehr sicher seien) durften die Mörder Österreich unbehelligt verlassen.

Der prominenteste der drei getöteten Kurden war DPKI-Chef Abdul Rahman Ghassemlou. Seine Frau, Helene Krulich-Ghassemlou, eine gebürtige Tschechin, hat nach dem Mord jahrelang in Österreich für Gerechtigkeit und Aufklärung gekämpft – vergeblich.

Aber sie hat ihre Erinnerungen an ihr Leben mit dem Kurdenführer aufgeschrieben, die vor Kurzem in Buchform erschienen sind. Sie erzählt darin sehr persönlich, wie sie in Prag Ghassemlou kennenlernte, mit ihm ins iranische Kurdistan fuhr, heiratete und sich dort in die sehr traditionelle, männerorientierte Gesellschaft einleben musste. Sie beschreibt aber auch, wie viel Hoffnung die Kurden auf Ghassemlou setzten, der sich für eine Autonomie im Iran einsetzte – mit dem Fernziel, die Kurden in der Türkei, Syrien, Irak und Iran zu vereinen.

Sie berichtet auch, wie sich diese Hoffnungen nach und nach zerschlugen und das Teheraner Regime die Region unter seine Gewalt bekam. Und wie der lange Arm des Regimes Ghassemlou doch noch erwischte. In Wien.

Angesichts der aktuellen Tragödie um die Kurden im Irak und in Syrien, die gegen den IS-Terror kämpfen müssen, ist es lehrreich zu lesen, wie die iranischen Kurden um Freiheit kämpften. Bisher vergeblich. Und wie damals der Westen – ganz besonders Österreich – aus Angst vor Terror und wirtschaftlichen Nachteilen gegenüber Teheran kuschte. (g.b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2015)

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