"Blackfacing" ist Anglizismus des Jahres

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"Blackfacing" bezeichnet die umstrittene Praxis, wenn Weiße sich als Schwarze schminken. Vor allem in den USA ist diese als rassistisch verpönt.

"Blackfacing" ist der Anglizismus des Jahres, gekürt von einer Jury unter dem Vorsitz des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin. Das Wort bezeichnet die Praxis, wenn sich ein Weißer schwarz bemalt und sich damit als Dunkelhäutiger ausgibt. Sie geht auf eine rassistische Schauspieltradition in den USA zurück, in der weiße, schwarz geschminkte Künstler klischeehafte "Neger" zum Gaudium des Publikums spielten. In den USA ist sie seit Jahrzehnten als rassistisch verpönt.

Auch im deutschen Sprachraum setzt sich der Begriff langsam durch. Aktuelle Fälle von Blackfacing waren etwa Ende 2013 eine Saalwette der ZDF-Show "Wetten, dass..?", als Augsburger Bürger aufgefordert wurden, als Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer verkleidet auf die Bühne zu kommen. Weite Kreise zog auch der Auftritt eines geschminkten Puls4-Moderators auf dem Wiener Opernball 2014, als er als Rapper Kanye West "geschminkt" dessen Ehefrau Kim Kardashian zu nahe trat.

Symbol des Rassismus

In den Niederlanden entbrannte jüngst eine Rassismus-Debatte um den Nikolaus-Helfer "Zwarte Piet" (Schwarzer Peter). Für dunkelhäutige Niederländer ist der Zwarte Piet, der ebenfalls meist von Weißen mit schwarz angemaltem Gesicht dargestellt wird, ein Symbol des Rassismus.

Seit 2010 vergibt die Jury den Sprachpreis, der ausdrücklich auf positive Entwicklungen in der deutschen Sprache aufmerksam machen will. Im vergangenen Jahr wurde die Nachsilbe "-gate" ausgezeichnet. Die Nachsilbe "-gate" wird seit dem "Watergate-Skandal" in Berichten über Affären genutzt.

Blackfacing

Die historischen Ursprünge von Blackface:

Blackface war eine im 19. Jahrhundert in den "Minstrel Shows" in den USA verwendete Maskerade. "Minstrel Shows" galten als Unterhaltung, die auf rassistischen Stereotypen afrikanischer Sklaven basierte. Bei den Auftritten malten sich weiße Schauspieler schwarz an, imitierten "schwarze" Musik und sprachen in einem "Plantagen-Dialekt". Auch schwarze Entertainer traten - ebenfalls schwarz geschminkt mit überdimensionalen roten Lippen - in den "Minstrel Shows" auf. Als Stereotyp entwickelte sich die Figur des Jim Crow - des tanzenden, singenden, unterbelichteten Schwarzen.

Weiterführung im 20. Jahrhundert:

Während die Shows bis ins 20. Jahrhundert hinein beliebte Comedy-Formate blieben, in denen sich mehr und mehr afroamerikanische Künstler etablierten, zog Blackface auch in den Stummfilm ein. So spielte etwa auch in "Onkel Tom's Hütte" ein Weißer die Hauptrolle. Existierende Vorurteile wurden in zahlreichen Filmen in das neue Medium übertragen.

Einen Paradigmenwechsel vom ungeschickten Jim Crow-Klischee zum "wilden Neger" löste D. W. Griffiths umstrittener Stummfilm "Birth of a Nation" aus, in dem der Ku Klux Klan den Süden von den "Wilden", die die Macht über die Weißen übernommen haben, befreit. Die Schwarzen wurden auch hier von geschminkten Weißen gespielt.

Über rassistische Cartoons und (von Weißen produzierte) Radio-Programme, die schwarze Stereotypen weiter tradierten, überlebte Blackface auch über die beiden Weltkriege hinweg als Comedy-Format, bevor ein verändertes Bewusstsein die Produktion stoppte.

Eine kritische, satirische Auseinandersetzung mit dem Blackface bot Spike Lee im Jahr 2000 mit "Bamboozled", in dem eine Blackface-Fernsehshow wider Erwarten zum Erfolg wurde.

(Red./APA/dpa)

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