Deutscher Friedenspreis für Navid Kermani

(c) Imago/Sven Simon
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Hohe Auszeichnung des deutschen Buchhandels für den Autor und Orientalisten mit iranischen Wurzeln.

Der sonst so wortgewandte Intellektuelle war am Donnerstag sprachlos: „Ich kann es noch gar nicht richtig fassen“, sagte der 1967 in Siegen als vierter Sohn iranischer Zuwanderer geborene Navid Kermani der Deutschen Presse-Agentur, als sie ihn damit konfrontierte, dass er den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gewonnen hatte. Dabei könnte man sagen, dass kaum einer diese Auszeichnung des Börsenvereins so sehr verdient wie der in Köln lebende Autor und Orientalist. Denn er ist, wie der Stiftungsrat in seiner Begründung feststellte, „eine der wichtigsten Stimmen in unserer Gesellschaft“. Das gilt sowohl für seine akademischen Arbeiten als auch für seine Romane, Essays und Reportagen. Für ihn ist die Würde des Menschen unantastbar, er ist eine Stimme der Vernunft und ein ehrlicher Vermittler zwischen Kulturen.

Das gilt bereits für Kermanis Dissertation von 1997, die sich hoch seriös, aber dennoch unterhaltsam mit dem zentralen Buch des Islam auseinandersetzt: „Gott ist schön. Das ästhetische Erleben des Koran“ (1999) ist ein Vademekum für jene, die sich fremden Kulturen aussetzen wollen, ohne dies als Kampf zu sehen. Schon in diesem Frühwerk zeigen sich die Eleganz und der Scharfsinn dieses Autors.

Solche Tugenden zeichnen auch seine Reiseberichte aus, die ihn bevorzugt in den Nahen und Mittleren Osten führten. Er ist ein talentierter Reporter, wie man z. B. den Bänden „Schöner neuer Orient“ (2003) und „Ausnahmezustand. Reisen in eine beunruhigte Welt“ (2013) entnehmen kann. Diese west-östlichen Erkundungen sind stets fruchtbar und erkenntnisreich. Zudem ist der Mann auch noch streitbar, wie er in einer Religions-Debatte bewies, die 2009 zur Aberkennung des Hessischen Kulturpreises führte. Die episch breite Empfehlung zum Ende: Das Monumentalwerk „Dein Name“ (2011) und der sinnliche Roman „Große Liebe“ (2014) veranschaulichen Gefühl, Verstand und Offenheit für große Fragen. (norb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2015)

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