Claudio Magris, mehrfach ausgezeichneter italienischer Schriftsteller, hält das Ergebnis der österreichschen Bundespräsidentenwahl für ein "Alarmsignal".
Nach dem ersten Durchgangs bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich ruft der italienische Schriftsteller Claudio Magris auf, Lehren aus dem Wahlergebnis zu ziehen, "bevor es zu spät wird". "Die Gefahr eines barbarischen Europa ist real, und das österreichische Alarmsignal muss wahrgenommen werden", so der 77-jährige Germanist.
"Es ist beeindruckend, dass der außerordentliche Sieg der extremen Rechten in einem ruhigen Land erfolgt, in dem die politischen Kräfte, die es regiert haben, jede Garantie für eine friedliche Stabilität geben", schrieb Magris in einem Kommentar für die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". "Das heutige Europa ähnelt schrittweise immer mehr jenem der zwanziger Jahre mit wachsender Verunsicherung jeglicher Art, dem Gespenst und der Realität der Arbeitslosigkeit, dem Mangel an jeglichem Projekt für die Zukunft, der Schwäche der Organisationen und der internationalen Institutionen, angefangen von der EU."
"Menschliche Solidarität" und "realistische Bewertung"
Der überzeugte Europäer machte Druck, um in der Flüchtlingsproblematik "menschliche Solidarität" mit einer "realistischen Bewertung" des Phänomens zu verbinden. "Wenn man keine Lösung findet, könnte das Europa von morgen jenem schrecklichen Europa der dreißiger Jahren ähneln. Das Wien dieser Wahlen könnte - wie Karl Kraus vor vielen Jahrzehnten sagte - wieder zur Wetterbeobachtungsstelle für das Ende der Welt werden", so Magris.
Zur Person
Der Germanist Claudio Magris erhielt 2009 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Werke des früheren Professors für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Triest wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Als sein bekanntestes Buch gilt "Danubio", eine literarische Reise entlang der Donau.
(APA)