"Das Zimmer": Flucht aus dem Großraumbüro

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"Das Zimmer" von Jonas Karlsson ist eine beunruhigende Geschichte über den modernen Büroalltag, Konformität und Mobbing.

Jonas Karlsson (44) ist ein Tausendsassa: Als Schauspieler räumte er bereits zweimal den schwedischen Filmpreis ab, mit „Das Zimmer“ gelang ihm nun auch literarisch der internationale Durchbruch. Das Büchlein ist relativ schnell gelesen, liegt aber länger im Magen, dürfte es doch bei vielen Lesern Assoziationen an das eigene Berufsleben hervorrufen – und zwar durchaus gruselige. Denn „Das Zimmer“ ist eine beunruhigende Geschichte über den modernen Büroalltag, über Konformität, Machtspiele und Mobbing.

Im Zentrum steht Björn, ein auf den ersten Blick von sich überzeugter Karrieretyp, der sich auf den zweiten Blick als Einzelgänger mit psychotischen Zügen herausstellt. An seinem neuen Arbeitsplatz entdeckt er ein kleines Zimmer. Darin ist alles genauso, wie Björn sich den idealen Büroalltag vorstellt: kühl, ordentlich, Kante auf Kante. Immer öfter zieht er sich dorthin zurück, auf der Flucht vor dem Großraumbüro und den misstrauischen Kollegen. Seltsam ist nur, dass außer Björn niemand dieses Zimmer sieht. Die Situation eskaliert, als die Belegschaft Björns Entlassung fordert. Doch dann wendet sich das Blatt, und auf einmal ist Björn in der Position, Forderungen zu stellen.

Karlsson gelang mit „Das Zimmer“ eine böse, aber treffende Analyse gängiger Büromechanismen. Gekonnt beschreibt er, wer aus einer sozialen Machtposition heraus Ansichten vorgeben kann und wer sich dem Raster verweigert. Nur eine gute Seite, die hat in dem Buch niemand. DO

Jonas Karlsson: „Das Zimmer“, übersetzt von Paul Berf, Luchterhand, 173 Seiten, 18,50 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2016)

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