Verrückte Schurken in Uniform

Der irische Krimiautor Ken Bruen kennt sein Fach wie kaum ein anderer.
Der irische Krimiautor Ken Bruen kennt sein Fach wie kaum ein anderer.(c) Ken Bruen
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Der irische Kriminalschriftsteller Ken Bruen ist einer der unkonventionellsten Vertreter des Genres. Den von ihm geschaffenen Polizisten möchte man in Wirklichkeit nicht begegnen.

Die Polizei, dein Freund und Helfer: Wer Ken Bruens Kriminalromane liest, kann darüber nur mehr milde lächeln. Mit seinen Büchern um Detective Sergeant Tom Brant und Chief Inspector James Roberts zertrümmert er dieses Weltbild genüsslich Stück für Stück – mit tiefschwarzem Humor.

Bruen präsentiert eine unmoralische Welt, in der man vergeblich nach strahlenden Rittern in Uniform sucht. Das Prinzip von Recht und Ordnung sowie das Ideal einer kompetenten, rechtschaffenen Polizeibehörde sind dem irischen Autor fremd. Korrekt läuft hier gar nichts ab. Bruens Polizisten sind frauen-, fremden- und schwulenfeindlich, denken vordergründig egoistisch und sind alles andere als Vorbilder. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Polizisten sind auch nur Schurken, bloß in Uniform.

Bruen stellt somit die Antithese zu den Romanen des Erfinders des gepflegten Polizeiromans, des Amerikaners Ed McBain, dar. Dieser schrieb von den 1950er-Jahren bis zu seinem Tod 2005 über fünfzig Kriminalromane über das 87. Polizeirevier in New York.

Im Vorjahr hatte der kleine, feine Polar-Verlag mit „Kaliber“, dem sechsten Teil der im Original siebenteiligen Serie rund um die wenig vertrauenerweckende Southeast London Police Squad, einen Testballon gestartet. Der vierte Teil, „Blitz“, kam mit Action-Star Jason Statham in der Hauptrolle sogar zu Kinoehren. Nun gibt es mit „Füchsin“ den fünften Teil, und es bleibt zu hoffen, dass die Serie vollständig auf Deutsch erscheinen wird.


Die ernsthaft gestörte Angie. In seinem aktuellen Buch bekommen es die Polizisten mit der manipulativen Angie zu tun. Eingeführt in die Geschichte wird sie – typisch für den Autor – mit wenigen, schnörkellosen Sätzen: „Angie James war ernsthaft gestört. Das hatte sie früh kapiert, und fast genauso schnell hatte sie kapiert, wie es sich verbergen ließ.“ Angie hat sich in den Kopf gesetzt, durch das Ankündigen von Bombenattentaten Geld zu erpressen. Sie bedient sich dabei des kriminellen Brüderpaars Cross.

Bruen ist ein Meister des Unkonventionellen, des Schrägen, des Skurrilen. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen wirkt das aber niemals krampfhaft und erzwungen. Der Ire schüttelt das seit Jahren mit einer Leichtigkeit aus dem Ärmel, die staunen lässt. Hierzulande war Bruen bisher vor allem für die mit Krimipreisen überhäufte Reihe um Jack Taylor bekannt, die es auch zur TV-Serie brachte.

Was den Autor außerdem auszeichnet: Er scheint sein Genre in- und auswendig zu kennen. Das drückt sich auch in einem intensiven Spiel mit Zitaten aus. Dabei sind diese nicht bloß Aufputz. Er verwebt sie in seine Handlungen, stellt sie wie Wegweiser seinen Kapiteln voran. „Kaliber“ kann man sogar als Hommage an den Krimiklassiker „Der Mörder in mir“ von US-Autor Jim Thompson lesen.

Die verrückte Polizei. „Füchsin“ ist keine Ausnahme. „Warum erwartest du von deiner Polizei, dass sie weniger verrückt sei als du?“, zitiert er den US-Kriminalschriftsteller Jerome Charyn. Der damit Bruens Werk eigentlich perfekt zusammenfasst.

Neu Erschienen

Ken Bruen: „Füchsin“
übersetzt von Karen Witthuhn
Polar Verlag, 179 Seiten, 13,30 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

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