Nachruf: Hermann Kant - eleganter Erzähler, umstrittener Dichter

Haltung als Unterhaltung, so lautete Hermann Kants (1926–2016) Schreibmotto.
Haltung als Unterhaltung, so lautete Hermann Kants (1926–2016) Schreibmotto.(c) imago/DRAMA-Berlin.de
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Hermann Kant war einer der erfolgreichsten Autoren der DDR. Kritiker sahen ihn als verlängerten Arm der SED.

Er hatte an die DDR geglaubt – und es war Hermann Kant zugutezuhalten, dass er das auch Jahrzehnte nach ihrem Zerfall nicht leugnen wollte. Dem „Spiegel“ sagte er vor einigen Monaten noch: „Ich war ein überzeugter Erbauer der DDR, ich wollte die. Ich wollte sie zwar nicht so, wie sie dann geworden ist, aber ich wollte einen Sieg.“ So war es auch seine Rolle in der DDR, die oft von seiner Literatur ablenkte. Dabei waren sich sogar seine schärfsten Kritiker einig, dass er eines wirklich konnte: Schreiben. Aber diskutiert wurde dann eben doch mehr darüber, welche Rolle er denn nun wirklich als Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes und als Mitglied des SED-Zentralkomitees (Sozialistische Einheitspartei Deutschland) gespielt hatte. Kritiker sahen ihn als verlängerten Arm des SED-Systems. Ihm wurde etwa angelastet, Kritik an der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann 1976 abgewiesen zu haben.

„Ein Halunke, aber schreiben kann er“

Literaturnobelpreisträger Günter Grass würdigte Kant als Schriftsteller, übte aber harte Kritik an dessen Rolle in der DDR: „Ich habe Sie immer für einen begabten Autor gehalten und wenn Sie pauschal angegriffen werden, werde ich Sie immer als den Autor von Büchern wie ,Der Aufenthalt‘ verteidigen. Aber ich werfe Ihnen Ihr Verhalten als Verbandspräsident vor, Sie sind an der Maßregelung von Schriftstellern beteiligt gewesen.“ Der 2013 gestorbene Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki meinte knapp: „Vielleicht ist er ein Halunke, aber schreiben kann er.“

Als Autor war der in Hamburg geborene Kant überaus erfolgreich. Seine Romane „Die Aula“, der wegen des Sprachwitzes selbst im Westen teils zur Schullektüre zählte, „Das Impressum“ und „Der Aufenthalt“ erzielten in der DDR Millionenauflagen. Große Anerkennung erhielt auch der 1983 vorgestellte DEFA-Film „Der Aufenthalt“ von Frank Beyer nach dem autobiografischen Roman Kants.

Nun ist Hermann Kant im Alter von 90 Jahren in einem Krankenhaus in Neustrelitz in Deutschland gestorben. Mit Günter Grass habe er sich noch ausgesprochen, mit der 2011 gestorbenen Christa Wolf leider nicht mehr, sagen Weggefährten. (APA/awa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2016)

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